Ein gefährliches Modewort

■ Flamenco, ETA und die Untiefen der Interpretation. Ein Gespräch mit Mercedes de Castro Ruíz, der neuen Leiterin des Bremer Instituto Cervantes

Seit einer Woche ist Mercedes de Castro Ruíz (46) Direktorin des Instituto Cervantes. Sie löst Susana Zapke Rodríguez ab, die sich der Erziehung ihrer im Herbst geborenen Zwillinge widmen will. Die gebürtige Madrileñaist Germanistin, studierte zwei Semester in Tübingen, arbeitete dann in verschiedenen Kulturinstituten und saß vor acht Tagen noch im spanischen Erziehungs- und Wissenschaftsministerium.

taz Sie haben in Palma de Mallorca eine Sprachschule aufgebaut und unter anderem in Casablanca gearbeitet. Was lockt Sie denn jetzt in die Bremer Klimazone?

Mercedes de Castro: Ich kenne dieses Wetter ja aus meiner Hamburger Zeit, wo ich 1985 Stipendiatin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes war. In diesem Jahr war die Alster zweimal zugefroren. Aber auch ohne Sonne ist kulturelles Freizeitprogramm sehr gut möglich. Ich wollte sehr gerne nach Deutschland zurück – das war eine Art Verführung.

1.500 SprachschülerInnen besuchten pro Jahr das Bremer Cervantes-Institut. Und Sie haben jährlich 120.000 Euro für Kulturveranstaltungen im Cervantes-Etat. In welchem Bereich werden Sie persönlich Schwerpunkte setzen?

Die Sprachschularbeit kenne ich schon lange. Also bin ich neugierig auf die Kulturveranstaltungen.

Was für ein Spanienbild wollen Sie mit ihrer Arbeit in Bremen vermitteln?

Unsere Aufgabe ist schon lange nicht mehr, ein konkretes Bild zu vermitteln. Es geht mir um Vielfalt. Spanien besteht aus verschiedenen Kulturen, die bei uns zum Ausdruck kommen müssen. Es gibt ein Modewort, das heißt „Interkulturelle Situation“. Da besteht sofort die Gefahr, dass man interpretiert. Der Mensch kann fast gar nicht anders. Auch wenn Sie als Tourist durch Spanien reisen, suchen Sie unwillkürlich nach Bestätigungen der schon vorhandenen Bilder. Also geht es darum, die Maßstäbe zu relativieren.

Bedeutet das für Ihre Arbeit, dass Sie hier lieber keine Flamenco-Konzerte veranstalten, um Stereotypen vorzubeugen?

Solche Konzerte gibt es schon längst, zum Beispiel in der Bremer Glocke. Es wäre ein zu leichter Weg, nur populäre Veranstaltungen anzubieten. Spannender finde ich es, junge bildende Künstler oder seltene baskische Instrumente vorzustellen.

Und wie ist es mit politischen Veranstaltungen, zum Beispiel über die ETA?

Im Prinzip könnten wir das machen. Wir haben keinerlei Vorgaben oder Einschränkungen von Seiten der Zentrale, diese Zeiten sind vorbei. Aber ich wäre mir nicht sicher, ob das genug Leute in Bremen interessiert. Ich muss das hiesige Publikum erst kennen lernen – wahrscheinlich ist es anders als das aus meiner Zeit am Münchener Cervantes-Institut .

Wieviel Lateinamerikanisches gehört zu Ihrem Vermittlungsauftrag?

Auch da haben wir keine Vorgaben. Aber auch hier habe ich meine Interessen. Schließlich habe ich noch vor wenigen Wochen für das spanische Erziehungsministerium im Alphabetisierungs-Programm gearbeitet. Mein Schwerpunkt war El Salvador.

Sie haben eine fünfjährige Amtszeit in Bremen vor sich. Wie fangen Sie an?

Eigentlich neige ich dazu, immer schnell was auf die Beine zu stellen. Aber jetzt ist Zeit, die Dinge reifen zu lassen. Ich will prüfen, was bisher gut gelaufen ist und habe hier ein junges und erfahrenes Team von Mitarbeitern, die mich erstmal informieren werden. Man braucht einfach Zeit, um die geeigneten Kooperationspartner zu finden. Und, um schöne Dinge auf die Beine zu stellen.

Interview: Henning Bleyl