Frühlingsgefühle im Storchennest

Die ersten Weißstörche sind wieder in Deutschland angekommen und können sogar im Internet beobachtet werden

BERLIN taz ■ Der Storch, seit Jahrhunderten Bote für den Frühling, ist für dieses Jahr zurück. Im brandenburgischen Vetschau dokumentierte eine Kamera des Weißstorch-Informationszentrums dieser Tage die Ankunft eines männlichen und eines weiblichen Tieres. Jeder Flügelschlag wird aufgezeichnet. Im Internet sind die Live-Bilder abrufbar. Ciconia ciconia, wie der Weißstorch im Wissenschaftsjargon heißt, gehört seit jeher zu den bedrohten Tierarten und wurde 1994 „Vogel des Jahres“.

„Das Paar ist jetzt komplett“, sagt Winfried Böhmer, Projektleiter des Naturschutzbundes Deutschlands (NABU). Ob es sich längerfristig den Horst teilt, bleibt abzuwarten. Denn weibliche Störche sind sehr wählerisch und wechseln oft Nistplatz und Partner. In Europa brüten zwischen 120.000 und 150.000 Paare, einige hundert im nordwestlichen Afrika und im westlichen Asien. Ganz vereinzelt trifft man auch noch ein Storchenpaar an der Südspitze Afrikas an.

Bis auf wenige Individualisten ist der Storch kein Einzelkämpfer. Den herbstlichen Flug in wärmere Gefilde legt er in Schwärmen oder Trupps zurück. Erst in den heimischen Gefilden lösen sich die einzelnen Tiere aus dem Verbund und suchen, wenn möglich, ihre alten Nester auf. „Die Männchen kommen meist zuerst an. Die Weibchen folgen ein paar Tage später.“, so Böhmer. Wer im Nest der Horstherr ist, entscheide das Recht des Stärkeren. „Im Vorfeld kann es zwischen den Männchen zu heftigen Kämpfen kommen.“

Die Ausweichmöglichkeiten für den Verlierer sind allerdings begrenzt. Die Zahl der Gebäude, die sich zum Nisten eignen, ging in den Jahren stark zurück. Durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten und Biotopen sind viele Störche ihrer Jagdgebiete beraubt. Gefahr lauert auch in freien Lüften in Form von Strommasten. Jährlich sterben tausende der vom Aussterben bedrohten Störche in Hochspannungsleitungen.

Nachwuchs ist also durchaus wünschenswert – und nicht unwahrscheinlich. „Gleich nach der Ankunft des Weibchen haben die beiden kopuliert“, berichtet Böhmer. Hat alles geklappt, dann legt das Weibchen kurz nach der Paarung drei bis fünf Eier, aus denen nach ungefähr 35 Tagen der Storchennachwuchs schlüpft. Etwa sieben Wochen brauchen die Jungen, bis sie die ersten Flugversuche unternehmen. Nach zwei Monaten Training sind sie flügge und gerüstet für den langen Flug zurück in Richtung Süden. ANNE HERZLIEB

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