Blicke in die Geschichte

Eine Filmreihe zum Israel-Palästina-Konflikt im B-Movie  ■ Von Andreas Blechschmidt

Es ist eine Aktualität der unfreiwilligen Art, die der B-Movie-Filmreihe zu Israel/Palästina zuteil wird. Seit die israelische Armee mit der in der letzten Woche begonnenen Militäroffensive einen erneuten Versuch unternommen hat, die palästinensischen Selbstmordattentate zu stoppen, droht sich der Konflikt in der Region endgültig zu einem Krieg auszuweiten. Und die Tatsache, dass am letzten Wochenende in Frankreich und Belgien Synagogen mit Brandsätzen angegriffen wurden, zeigt, dass auch Institutionen der jüdischen Diaspora unmittelbar bedroht sind.

Diese Entwicklung konnten die BetreiberInnen des B-Movie bei der Planung der Reihe allerdings noch nicht absehen. Denn Ausgangspunkt der achtteiligen Filmreihe im B-Movie war zunächst das große Publikumsinteresse im Januar an der britischen Produktion Israel und die Araber, die das vielschichtige Verhältnis der israelisch-arabischen Beziehungen thematisiert und dem Kino ein ausverkauftes Haus bescherte. Man habe den großen Zuspruch zum Anlass genommen, der Thematik des Nahostkonflikts eine ausführliche politische Reihe zu widmen.

Die Motivation der OrganisatorInnen bei der Auswahl der Filme war dabei durchaus ambivalent. Eine Empörung sowohl über die Politik der Regierung Sharon wie auch über die Praxis der palästinensischen Selbstmordattentate habe eine Rolle gespielt. Die aktuelle Verschärfung des Konflikts allein ist für Dirk Evers, Mitveranstalter des Programms, noch kein Grund, die inhaltlichen Schwerpunkte der Reihe in Frage zu stellen. „Natürlich hätten wir das Bedürfnis gehabt, Filme zu zeigen, die noch näher am aktuellen Geschehen sind, aber das Material ist ohnehin nicht so üppig gestreut“, erklärt Evers. Zumal die Auwahlkriterien sich daran orientiert hätten, die historischen Hintergründe des Konflikts seit 1945 darzustellen.

Der Film The Long Way Home von Mark J. Harris, 1998 mit einem Oscar als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet, thematisiert die Geschichte des Exodus von Shoah-Überlebenden in das Gebiet Palästina, den die britischen Mandatsbehörden damals mit allen Mitteln zu unterbinden versuchten. Die israelisch-deutsche Produk-tion Ich kam nach Palästina berichtet über die Einwanderung linkszionistischer Siedler vor allem aus Osteuropa in den 20er und 30er Jahren, die sich seitdem für ein friedliches Zusammenleben zwischen Arabern und Israelis eingesetzt haben. Neben der bereits erwähnten britischen Produktion Israel und die Araber beleuchten die beiden Filme Im Krieg der Steine über die Arbeit des Roten Halbmonds sowie Die Reise über die Situation palästinensische Flüchtlinge die schwierige Lage in den Autonomiegebieten.

Bedauerlich findet Evers die Tatsache, dass zur Zeit keine aktuellen filmischen Arbeiten israelischer RegisseurInnen ausfindig zu machen gewesen seien. Lediglich ein israelischer Spielfilm, aus dem Jahr 1991, konnte deswegen Eingang in die Reihe finden: Cup Final erzählt über die Annäherung eines gefangenen israelischen Soldaten zum Anführer des ihn bewachenden palästinensischen Kommandos.

Der Anspruch der Filmauswahl besteht in der Darstellung möglichst beider Sichtweisen der beteiligten Konfliktparteien. Als direkte Intervention in die Debatten um die Bewertung des Israel-Palästina-Konflikts nach dem 11.September verstehen die OrganisatorInnen ihre Filmreihe indes nicht. Man sei sich der besonderen Vorzeichen der Thematik bewusst und gerade vor dem Hintergrund der Geschichte der antisemitischen Ressentiments bei Teilen der deutschen Linken will das B-Movie kein Forum für antiisraelische Parolen bieten. So seien auch ausdrücklich sowohl die Deutsch-Israelische Gesellschaft wie auch VertreterInnen palästinensischer Gruppen zum Besuch der Reihe eingeladen worden.

Und nicht zuletzt deswegen liegt den MacherInnen des B-Movie der Film Promises besonders am Herzen. Er porträtiert palästinensische und israelische Jugendliche, denen der schon tödliche Hass auf die jeweils „anderen“ gemeinsam ist. Schließlich initiiert der Regisseur des Films ein Treffen zwischen den Jugendlichen. So gelingt es ihm zu zeigen, dass der Dialog zwischen den sich feindlich Gegenüberstehenden letztlich die einzige Perspektive für eine Lösung des Konflikts ist. Allerdings, ein Happy End vermag auch dieser Film nicht zu inszenieren, die Annäherung bleibt einmalig und fragil. So gesehen repräsentiert die Filmreihe durchaus im Detail das Problem des großen Ganzen.

Im Krieg der Steine und Die Reise: Do, 4.4. + 11.4., 20.30 Uhr; The Long Way Home: Sa, 6.4. + So, 7.4., 19 Uhr; Ich kam nach Palästina: Sa, 6.4. + So, 7.4., 22 Uhr; Israel und die Araber: Sa, 13.4. + So, 14.4., 19 Uhr; Cup Final: Do, 18.4., Sa, 20.4. + So, 21.4., 20.30 Uhr; Promises: Do, 25.4., Sa, 27.4. + So, 28.4., 20.30 Uhr, B-Movie