Kongo-Dialog in entscheidender Phase

Zehn Tage vor dem planmäßigen Abschluss der Gespräche schaltet sich Südafrika ein, um ein Scheitern der Verhandlungen über eine Friedensordnung für den Kongo zu verhindern. Zentrale Streitpunkte sind noch ungeklärt

BERLIN taz ■ In diesen Tagen entscheidet sich, ob die Politiker der Demokratischen Republik Kongo ihrem Land eine Friedensordnung geben oder einen neuen Krieg. Nach Informationen der taz schaltet sich seit Montag Südafrikas Regierung auf höchster Ebene in den „innerkongolesischen Dialog“ ein, der seit dem 25. Februar im südafrikanischen Sun City läuft und bei dem zehn Tage vor seinem designierten Ende am 12. April noch immer keine Annäherung zwischen den Kriegsparteien in Sicht ist. Unter anderem sollen Staatschef Thabo Mbeki und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu mit den Delegierten sprechen.

Die Zeit für eine Lösung der zentralen Fragen wird knapp: die Gestaltung einer Übergangsregierung für den Kongo nach einem Friedensschluss und die Zusammensetzung einer künftigen nationalen Armee. In beiden Fragen vertritt die Regierung von Präsident Joseph Kabila weiterhin eine harte Linie: Sie hält sich für die legitime Regierung des Kongo und ihre Armee für die legitime Armee, und ein Friedensschluss könnte höchstens bedeuten, Vertreter der Rebellen und der zivilen Opposition in diese Regierung aufzunehmen und Teile der Rebellen in die kongolesische Armee.

Sowohl Rebellen wie Opposition vertreten demgegenüber, dass Joseph Kabila – der von der Militärführung an die Macht gehievt wurde, von Simbabwes Armee geschützt wird und nur den Westen und Süden des Kongo regiert – genauso wenig Legitimität beanspruchen kann wie die Rebellenbewegungen, die mit Unterstützung Ruandas und Ugandas den Osten und Norden des Landes beherrschen. „Man muss alle bestehenden Institutionen vom Tisch fegen und eine neue Ordnung mit neuen Akteuren aufbauen“, resümiert Joseph Mukendi von der größten zivilen Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) diese Sichtweise.

Ihm zufolge wird diese Darstellung von allen Gruppierungen außer der Regierung und den von ihr unterstützten Mayi-Mayi-Milizen geteilt. Das Gleiche gilt für die Armee: Die Rebellen wollen eine neue Armee zusammenstellen, die aus gleichen Teilen von allen Kriegsparteien gebildet wird, während die Regierung ihrer Armee Vorrang einräumen will. In dieser Frage hat die Regierung nicht einmal die Unterstützung der Mayi-Mayi.

Gälte beim Dialog das Mehrheitsprinzip, bliebe die Regierung in der Minderheit. Dann gäbe es zwar ein Ergebnis des Dialogs, aber es wäre nicht umsetzbar. So ist vernünftig, dass Vermittler Ketumile Masire auf das Konsensprinzip pocht. Das Problem ist nur, dass auf diese Weise möglicherweise keine Entscheidung zu Stande kommt.

Die Opposition aber, deren weitgehende Annäherung an die Positionen der Rebellen das markanteste Ergebnis der bisherigen Dialogwochen ist, setzt nun auf ausländischen Druck. Kabila scheint schon im Hinblick auf einen möglichen Kompromiss vorzubeugen: Am Wochenende gründete er eine eigene Partei, um nach Angaben der Zeitung Le Potentiel „das Handeln des Staatschefs bei den zu erwartenden ernsten politischen Umwälzungen im Anschluss an den Dialog zu unterstützen“.

Ob dies mehr ist als ein Ablenkungsmanöver, werden die nächsten Tage zeigen. Denn zugleich munkelt man auf Regierungsseite, man wolle den Krieg jetzt endlich nach Ruanda tragen, wo er hergekommen sei. Ein Scheitern des Dialogs würde die Katastrophe bedeuten. Nicht nur würden alle Kriegsparteien wieder zu den Waffen greifen, sondern die zivile Opposition droht zugleich mit einem Volksaufstand in allen Landesteilen, geführt von den Kirchen.

Die bereiten sich schon darauf vor, in Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen. Der katholische Kardinal Etsou warnte kürzlich auf einer ökumenischen Messe in Sun City: „Wer wird die Reaktion eines Volkes eindämmen können, das seit langer Zeit Märtyrertum erduldet?“ Und vor wenigen Tagen traf eine Person ein, die schon 1997 auf dem Höhepunkt des Krieges zwischen Kabila und Mobutu bei den gescheiterten Friedensverhandlungen als möglicher Friedensbringer gehandelt wurde: Laurent Mosengwo, der katholische Erzbischof von Kisangani und zugleich einer der erfahrensten Politiker des Kongo. Eng mit Südafrikas Regierung liiert, wird er von einigen als Joker für eine künftige Neuordnung des Landes gehandelt. DOMINIC JOHNSON