Die Geschichte eines vorbereiteten Wahlbetrugs

Robert Mugabe zog alle Register, um sich den Sieg zu sichern – nicht erst am Wahltag. In den Hochburgen der Regierungspartei stieg die Zahl der Wahlberechtigten sprunghaft an

BERLIN taz ■ Der Wahlbetrug in Simbabwe begann nicht erst am Wahltag. Mugabe verdankt seinen Sieg einer Kombination von Gewalt und Manipulation.

Die Übergriffe regierungstreuer Jugendmilizen gegen Anhänger der Opposition haben vielerorts einen Wahlkampf gegen Mugabe unmöglich gemacht. Den Erfolg der Einschüchterung zeigte eine Umfrage Anfang März. 19,8 Prozent der Befragten sprachen sich für Tsvangirai aus und 11,3 für Mugabe. 7,8 Prozent waren unentschlossen – und 59,7 Prozent weigerten sich zu sagen, wie sie wählen wollten.

Aber für einen Sieg brauchte Mugabe noch direktere Manipulationen. Zentral war dabei die Zusammenstellung des Wahlregisters, das offiziell am 27. Januar geschlossen wurde. Es enthielt 5.607.812 Namen – gegenüber nur 5.288.804 bei der Parlamentswahl 2000. In Simbabwes zweitgrößter Stadt Bulawayo, einer Oppositionshochburg, sank die Zahl der registrierten Wähler allerdings. Die MDC wirft den Behörden vor, auf der Wahlliste stünden 2,2 Millionen städtische Wähler und 3,4 Millionen ländliche, obwohl die Mehrheit der simbabwischen Bevölkerung in Städten lebt.

Das Wahlregister wurde vor der Wahl nicht veröffentlicht, ebenso wenig wie die Orte der 4.548 Wahllokale. Regierungstreue Milizen nahmen vielen Regimegegnern die Personalausweise ab, womit diese auch dann nicht wählen konnten, wenn sie auf dem Wahlregister standen. Gleichzeitig registrierten die Behörden in Hochburgen von Mugabes Partei Zanu-PF bis wenige Tage vor der Wahl weitere Wähler. Ein Zusatzregister, das am 3. März geschlossen wurde, soll an die 400.000 Namen enthalten haben. Nach Zeitungsberichten war für den Eintrag ins Zusatzregister ein Empfehlungsschreiben von Zanu-PF nötig.

Das Wahlrecht verwehrt

Für andere wurde das Wahlrecht eingeschränkt. Eine im Januar vom Parlament verabschiedete Änderung des Wahlgesetzes wurde zwar am 1. März vom Obersten Gericht annulliert, vier Tage später aber von Mugabe persönlich wieder in Kraft gesetzt. Sie verwehrte allen Bürgern das Wahlrecht, die die doppelte Staatsbürgerschaft haben oder deren Eltern nicht beide aus Simbabwe stammen. Von der Wahl ausgeschlossen waren damit nicht nur die meisten der 40.000 Weißen in Simbabwe, sondern auch hunderttausende Einwanderer aus Malawi und Mosambik, die das Gros der Farmarbeiter Simbabwes ausmachen – der ärmste Teil der Bevölkerung.

Dazu wurde festgelegt, dass Wähler nur in ihren Heimatwahlkreisen abstimmen dürfen. Damit waren die schätzungsweise 75.000 Haushalte, die in den letzten zwei Jahren von Milizen vertrieben wurden, ebenfalls von der Wahl ausgeschlossen. Um dies durchzusetzen, wurde Wahlleitern erlaubt, von Wählern Residenznachweise zu verlangen – einen Mietvertrag, eine Strom- oder Wasserrechnung. Die Bewohner der Slums von Harare, mehrheitlich Regierungsgegner, haben so etwas nicht. Außerdem wurde die Wahlleitung ermächtigt, Namen ohne Begründung von der Wählerliste zu streichen. Nach Oppositionsangaben gab es eine inofizielle Liste von „verbotenen“ Wählern, die selbst dann im Wahlbüro abzulehnen waren, wenn sie auf dem Wahlregister standen.

An den Wahltagen hielt die Gewalt an. Nach Angaben von amnesty international wurden am Wochenende über 1.400 Menschen verhaftet. Von flächendeckender Wahlbeobachtung konnte keine Rede sein. Von 12.000 einheimischen Beobachten wurden weniger als 300 akkreditiert. In fast der Hälfte aller Wahllokale waren keine Beobachter der oppositionellen MDC präsent. Massive Anwesenheit von Milizen und Polizei sorgte mancherorts dafür, dass Regimegegner fernblieben. In der Kleinstadt Kadoma gab es zwei Wahllokale – eines in der Polizeistation, das andere im Gefängnis. Im Wahlkreis Chiredzi North fuhren nach MDC-Angaben Zanu-Milizionäre von Wahllokal zu Wahllokal und gaben überall ihre Stimme ab.

Zu wenig Wahllokale

Die Zahl der Wahllokale in den Städten war im Vergleich zur Parlamentswahl drastisch verringert worden – in der Hauptstadt Harare von 249 auf 167 – und auf dem Land erhöht. In manchen ländlichen Gegenden kamen auf ein Wahllokal 700 Wähler, in manchen Stadtbezirken 7.000. Während auf dem Land somit alle Wähler problemlos am Samstag und Sonntag abgefertigt werden konnten, reichte in den Städten nicht einmal der Zusatzwahltag am Montag aus. In ganz Harare konnten am Samstag und Sonntag von 882.176 eingeschriebenen Wählern gerade 127.104 ihre Stimme abgeben. Am Montag öffneten viele Wahllokale erst mittags und schlossen wieder um 19 Uhr, als zehntausende noch Schlange standen. Die amtlich festgestellte Wahlbeteiligung in den Großstädten Harare und Bulawayo lag bei unter 50 Prozent, gegenüber 66 Prozent im ganzen Land und bis über 90 Prozent in manchen Regierungshochburgen.

Nach Schließung der Wahllokale wurden die Wahlurnen versiegelt und von der Polizei weggebracht. Oppositionsbeobachter wurden vielerorts daran gehindert, hinterherzufahren und zu überprüfen, ob die Urnen tatsächlich in den 120 Auszählungszentren landeten. Dass dort schon vorab gefüllte Urnen voller Pro-Mugabe-Stimmen standen, ist nicht bewiesen – aber möglich. In Harare und Bulawayo wurde Oppositionsbeobachtern der Zutritt zu den Auszählungszentren verweigert.

Ohne all dies hätte Mugabe vermutlich verloren. Sein amtlich ermittelter Vorsprung vor dem Herausforderer Tsvangirai beträgt gerade 426.811 Stimmen. DOMINIC JOHNSON