vorlauf
: Emotionaler Härtefall

„Weil ich gut bin!“ (Mi., 20.15 Uhr, ARD)

Es ist eine gewagte Gratwanderung zwischen engagiertem Jugenddrama und Sozialkitsch, die Regisseur Miguel Alexandre („Gran Paradiso“) seinem Publikum da zumutet: Der pubertierende Mücke (Tom Schilling), aufgrund diverser Fahrzeugdiebstähle ein echter Autoprofi, lebt in einem Jugendheim in Frankfurt. Seine offiziellen Ausgehzeiten dehnt er eigenmächtig aus, um seiner Freundin Sweta (Julia Hummer) beizustehen. Die hat nämlich eine saufende Mutter (Nina Petri) zu versorgen und eine Schwester, die sich ihre Klamotten auf dem Straßenstrich verdient. Mit geklauten Tiefkühlpizzen sorgt Mücke in dieser desolaten Familie beizeiten für feste Nahrung. Die Zukunftsperspektiven für das junge Paar sind nicht gerade rosig, bis der engagierte Autohändler Bethke (Dieter Landuris) auftaucht. Selbst mit einer zwielichtigen Vergangenheit gesegnet, will er kriminellen Jugendlichen mit Wohnraum und einer Ausbildung helfen. Mücke ist begeistert und schafft es, mit Hilfe der Sozialarbeiterin Vera (Jule Böwe) in den Kfz-Betrieb einzusteigen …

An dieser klischeehaften Großportion sozialer Härtefälle werden Realitätspuristen gewaltig zu schlucken haben. Doch Alexandre ficht das nicht an. Mit „Schutzengel gesucht“, der rührseligen Weihnachtsgeschichte um eine lebensmüde junge Frau und einen unkonventionellen Engel, hat er Ende letzten Jahres bewiesen, dass Betroffenheit in Verbindung mit Klischee nicht gleich unerträglicher Kitsch sein muss. „Die Story funktioniert trotzdem“, sagt er zu „Weil ich gut bin!“.

Unterhaltung steht im Vordergrund, und trotz der niederschmetternden Verhältnisse kommt die Komik nicht zu kurz. Hier wird nicht kritisiert und angeklagt, hier wird mit den Mitteln des Kinos eine Geschichte erzählt. Daran hat auch der mehrfach preisgekrönte Kinderbuch- und Krimiautor Klaus-Peter Wolf seinen Anteil, der für dieses Drehbuch auf eigene Erfahrungen als Mitbewohner einer Jugendbande zurückgreifen konnte. Und so gelingt der Film sehr gradlinig-emotional und erspart dem Zuschauer schwermütige Besserwisserei. Insgesamt sehenswert, weil er gut ist. JAN RÜDIGER VOGLER