Gut Wetter für den Krieg

Ein halbes Jahr nach dem 11. September ist der Afghanistankrieg noch lange nicht zu Ende. Wetterbesserung erlaubt neue Angriffe gegen al-Qaida. USA gedenken ihrer Opfer. Pentagon senkt Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen

KABUL/NEW YORK rtr/dpa/taz ■ Sechs Monate nach den Anschlägen vom 11. September wird heute in New York und Washington der mehr als 3.000 Todesopfer gedacht. Die alliierten Truppen unter Führung der USA nahmen unterdessen ihre Offensive in Ostafghanistan wieder auf. Am Wochenende wurde außerdem bekannt, dass die US-Regierung die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen abgesenkt hat.

Nachdem schlechtes Wetter in Afghanistan die Angriffe drei Tage lang behindert hatte, wurde gestern ein nach US-Angaben von Al-Qaida-Anhängern genutzter Bunkerkomplex bombardiert. Wegen Schneefalls in den Bergen im Osten des Landes hatte es in den vorangegangenen Tagen nur vereinzelt Kämpfe gegeben, teilte ein US-Militärsprecher mit. Eine Wetterbesserung habe die Fortsetzung der Kampfeinsätze in dem Gebiet südlich von Kabul erlaubt.

Die Zahl der bei der über einwöchigen Offensive Getöteten wird von den USA mit rund 600 angegeben. Über die Anzahl der gemachten Gefangenen wurden keine Angaben gemacht.

400 US-Soldaten werden nach Angaben der US-Streitkräfte aus dem unmittelbaren Kampfgebiet in den 3.000 Meter hohen Bergen abgezogen. Auf die Frage, ob das bedeute, dass die USA die weitere Offensive den Verbündeten überließen, sagte der Sprecher: „In dieser bestimmten Phase: ja.“ Unter Führung der USA waren dort bisher rund 2.000 Soldaten der alliierten Streitkräfte im Einsatz.

Nach fast 30 Jahren im Exil soll der frühere afghanische König Mohammed Sahir Schah in den nächsten Tagen in seine Heimat zurückkehren. Ministerpräsident Hamid Karsai sagte, der 87-jährige Exmonarch sei willkommen und werde eine „wichtige Rolle“ im Normalisierungsprozess spielen. Seine Aufgabe ist es nach dem Petersberger Abkommen vom Dezember, Mitte des Jahres die Loja Dschirga, die große Versammlung der Stammesfürsten, zu eröffnen. Diese Versammlung soll eine neue Übergangsregierung wählen, die 2004 Wahlen organisieren soll.

In den USA finden heute mehrere Gedenkveranstaltungen statt. In New York wird um 8.46 Uhr Ortszeit – der Zeit des Einschlags des ersten von zwei Flugzeugen in das World Trade Center – eine beschädigte Monumentalskulptur des Bildhauers Fritz Koenig zum zweiten Mal eingeweiht. Sie hatte 30 Jahre lang zum WTC-Komplex gehört. Am Abend werden dann zwei gigantische Lichtsäulen eingeschaltet, mit denen die Zwillingstürme des Welthandelszentrums symbolisiert werden.

Laut einem Bericht der Los Angeles Times hat die US-Regierung neue Kriterien für den Einsatz von Atomwaffen aufgestellt. Demnach dürfen Atomwaffen künftig auch gegen Staaten eingesetzt werden, die selbst nicht darüber verfügen, sofern es für die USA „überraschende militärische Entwicklungen“ gibt. Das Pentagon wurde damit beauftragt, Zielpläne unter anderem für Atomwaffeneinsätze gegen Irak, Iran, Nordkorea, Libyen und Syrien zu erstellen. EC