LIMBURGS BISCHOF KAMPHAUS MUSS SICH DEM VATIKAN BEUGEN
: Rückzug in den Absolutismus

Der kranke, alte Bischof einer mittelgroßen Diözese hat nun weniger Arbeit. So simpel könnte man die Folgen der gestrigen Entscheidung im Fall des Limburger Bischofs Franz Kamphaus beschreiben. Schwangere ließen sich ohnehin immer weniger von katholischen Stellen beraten. Denen, die dies unbedingt wollen, steht die Laienorganisation „Donum Vitae“ zur Seite. Und ob dadurch mehr oder weniger Schwangerschaften abgebrochen werden – wer kann das schon ermessen?

Viel Lärm um nichts also? Nein, gestern ist zumindest innerhalb der Kirche Folgenreiches geschehen. Ein Kirchenführer im besten Sinne des Wortes wird öffentlich gedemütigt, er muss trotz besserer Argumente klein beigeben. Das ist für ihn bitter, die Folgen gehen aber über seine Person hinaus. Nur zähneknirschend war die Mehrheit der deutschen Bischöfe vor einem Jahr aus der Konfliktberatung ausgestiegen. Jetzt demonstriert Rom erneut, woher der Wind weht: Die Zentrale unter Karol Wojtyła reißt immer mehr Kompetenzen an sich. Andere Positionen – wie klug begründet auch immer – stören nur.

Die Niederlage Kamphaus’ wird auch die Tendenz unter kritischen Gläubigen verstärken, Moralanweisungen aus Rom nicht entgegenzunehmen. Wem so deutlich demonstriert wird, dass seine oder ihre Meinung keine Rolle spielt, der wird sich nur in Ausnahmen in christlicher Demut für seine Kirche engagieren. Der Sieg konservativer Kurienkardinäle über Kamphaus gleicht so dem des König Pyrrhus: Die Zerrüttung der Beziehung zwischen Rom und der hiesigen Kirche schreitet weiter voran.

Die gestrige Entscheidung hat zudem Folgen für die Rolle der Kirche in der Gesellschaft. Die Kirchenleitung zieht sich weiter auf einen moralischen Absolutismus zurück, der niemanden mehr erreicht. So werden kirchliche Positionen in der öffentlichen Diskussion zunehmend an Gewicht verlieren, auch wenn diese in der Debatte etwas beizutragen hätten. Doch wer so mit Schwangeren, Beraterinnen und Bischöfen umspringt, der hat es nicht anders verdient. PHILIPP GESSLER