„Manche Kinder haben Glück“

Mit der Babyklappe im Krankenhaus Waldfriede werden unerwünschte Neugeborene versorgt. Dies ist oft ein letzter Ausweg für Frauen, die Hilfsangebote nicht annehmen konnten und für die auch eine Abtreibung nicht in Frage kommt

Etwa vor Jahresfrist sah man überall in der Stadt auffällige großflächige Plakate. Sie zeigten einen übervollen Müllkontainer. Darunter stand: „Manche Babys haben Glück. Sie werden bei uns abgegeben.“ Damit warb das Zehlendorfer Krankenhaus Waldfriede für eine spektakuläre und für Berlin neue Einrichtung: die „Babyklappe“.

Mütter in größter Not haben nunmehr seit gut anderthalb Jahren die Möglichkeit, ihre Neugeborenen dort in sichere Obhut zu geben – anonym und straffrei. Die letzte Werbekampagne dieser Art brachte das Problem ebenfalls drastisch auf den Punkt. Unter einem dicken Bauch stand: „Wir nehmen dein Baby, wenn es keiner will“.

Dies kann ein letzter Ausweg für Frauen sein, die – aus welchen Gründen auch immer – alle früheren Hilfsangebote nicht annehmen konnten und für die auch eine Abtreibung des Kindes nicht in Frage kommt. Wird ein Baby in die warme und weich gepolsterte Babyklappe gelegt, erhält der Pförtner automatisch ein Signal. Nach zwei bis drei Minuten, während deren die Mutter, die das Kind hier abgegeben hat, sich unerkannt entfernen kann, wird das Kind versorgt.

Der kleine Mensch wird nun einige Tage lang beobachtet – falls nötig auch medizinisch versorgt – und anschließend vom Jugendamt für mindestens acht Wochen bei Kurzzeitpflegeeltern untergebracht. In diesem Zeitraum kann die Mutter sich auch – straffrei und für sie folgenlos – wieder melden und ihr Kind zurückbekommen. Danach wird das Baby zur Adoption freigegeben.

Nach offiziellen Angaben werden in der Bundesrepublik jährlich etwa 40 bis 50 tote Babys gefunden. Wie viele Kinder dieses Schicksal unentdeckt teilen, weiß niemand genau. Insider schätzen ihre Zahl jedoch um ein Vielfaches höher. „Wenn wir auch nur ein Menschenleben dadurch retten, hat sich alle Mühe gelohnt“, sagt Pastorin Gabriele Stangl, die Initiatorin der Babyklappe. „Und das Angebot wird angenommen.“

Seit Bestehen der Babyklappe konnte hier etwa 15 Frauen mit ihren Kindern geholfen werden. Noch lieber wäre es Gabriele Stangl natürlich, wenn die Frauen bereits im Vorfeld kämen. So hätte man die Möglichkeit, vielleicht doch weiter führende Hilfe zu leisten. Hier werde keine Frau nach ihrem Namen gefragt – wenn sie ihn nicht nennen will, bleibt sie anonym. Keiner Frau, die Hilfe sucht, werde die Hilfe versagt, so Stangl.

Eine anonyme Geburt gibt es freilich nicht. „Ich plädiere für eine behütete Geburt“, sagt die Pastorin. Die Frau solle die Möglichkeit haben, sich „zumindest medizinische Hilfe zu holen“. Doch vieles würde inzwischen durch gute Beratung während der Schwangerschaft geklärt. Etwa 75 Prozent der Frauen in Not seien junge Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren. Nur wenige seien über die Hilfsangebote informiert. Diese bekannter zu machen, daran arbeitet Pastorin Stangl. Unterstützt wird sie dabei von Jugendamt, Gesprächstherapeuten, Adoptionsvermittlungsstellen und ehrenamtlichen Helfern. Und, so ihre Beobachtung: „Die Leute fangen wieder an, aufeinander zu achten.“

KAJA

Krankenhaus Waldfriede, Argentinische Allee 40, 14163 Berlin, Tel. 8 18 10 – 3 35, Seelsorgetelefon: (08 00) 11 10 22