Der Sozialdemokraten-Manager

Peter Hartz soll die Verwaltung der Arbeitslosigkeit reformieren – und Schröder ein zweites Mal aus der Klemme helfen

Peter Hartz ist ein Macher. „Wir müssen schnell arbeiten“ und „wir haben keine Zeit für einen Debattierclub“. So beschreibt er seine neueste Aufgabe: Seit gestern leitet er jene Kommission, die zwar nicht die Arbeitslosigkeit beseitigen, aber immerhin die Bundesanstalt für Arbeit reformieren soll. Doch bei aller Entschiedenheit, Hartz ist vorsichtig. Wie sein Verhältnis zu Florian Gerster sei, dem designierten Chef der Arbeitsämter, der so forsch mit Reformvorschlägen vorprescht? Auch nach der fünften Wiederholung der Frage sagt Hartz: „Florian Gerster ist als Gast zu den Kommissionssitzungen eingeladen.“ Punkt.

Der 60-jährige Hartz verkörpert den modernen sozialdemokratischen oder sozialpartnerschaftlichen Manager schlechthin. Und er hat sich für Gerhard Schröder schon einmal als Helfer in der Not erwiesen.

Seit 1993 ist Hartz Arbeitsdirektor oder Personalvorstand der Volkswagen AG. Das SPD-Mitglied hat sich dort ganz im Sinne des VW-Mehrheitsaktionärs, der niedersächsischen Landesregierung, als Bewahrer von Arbeitsplätzen und zugleich als Flexibilisierer von Arbeitszeiten einen Namen gemacht. Der in St. Ingbert im Saarland geborene Hartz absolvierte wie sein nur drei Jahre jüngerer Parteivorsitzender Schröder den zweiten Bildungsweg, hatte längst eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann hinter sich, als er an der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Saarbrücken Betriebswirtschaft studierte. Als Hartz 1993 von der Saarstahl AG nach Wolfsburg wechselte, befand sich Volkswagen mitten in einer schweren Krise: über 20.000 Arbeitsplätze standen auf der Kippe.

Dies bedrohte auch die seinerzeit noch kurze Karriere des niedersächsischen Ministerpräsidenten Schröder, der sich im Frühjahr 1994 erstmals zur Wiederwahl stellen musste. Hartz wurde einer der Väter der VW-4-Tage-Woche. Mit einer Arbeitszeitverkürzung auf 28,8 Wochenstunden weitgehend ohne Lohnausgleich wurden Massenentlassungen verhindert. Hartz propagierte anschließend das „atmende Unternehmen“, das über Flexibilisierung und das Ansparen von Überstunden für den Vorruhestand die jeweils geleisteten Arbeitsvolumina der Autokonjunktur anpassen konnte.

Mit dem Projekt 5.000 mal 5.000, für das gerade die erste Auswahl von Mitarbeitern begonnen hat, will Hartz beweisen, dass sein Gegenentwurf zum neoliberalen „Heuern und Feuern“ sich am Ende für die Unternehmen auch in barer Münze auszahlt. Mit den 5.000 neuen Arbeitsplätzen, die VW die Zuschläge eingeschlossen mit 5.000 Mark brutto im Monat entlohnen will, hat der VW-Arbeitsdirektor gezeigt, wie man Konkurrenzfähigkeit als Autobauer erhält und gleichzeitig den eisernen VW-Haustarif knackt.

Der verheiratete Vater eines Sohnes soll nun als Vorsitzender der Kommission zur Reform der Arbeitsverwaltung seinem Parteichef Gerhard Schröder wie Ende 1993 ein zweites Mal aus der Klemme und bei der Wiederwahl helfen. Immerhin hat ja der Arbeitsamtsskandal schon dafür gesorgt, dass nicht Arbeitlosigkeit das Thema ist, sondern die Arbeitsverwaltung im Zentrum des öffentlichen Interesses steht. Und für ein paar kreative Ideen, die den Wählern zum rechten Zeitpunkt Hoffnung machen, sollte ein Kommissionsvorsitzender Hartz eigentlich gut sein.

JÜRGEN VOGES