Rückschlag für USA in Afghanistan

Bei heftigen Kämpfen südöstlich von Kabul schießen afghanische Kämpfer zwei US-Hubschrauber ab und töten mindestens sieben Soldaten. Auch deutsche KSK-Truppe im Einsatz. Bundesregierung beklagt zu offene Informationspolitik der USA

BERLIN taz ■ Die US-Offensive gegen Kämpfer von al-Qaida und Taliban im Osten Afghanistans leidet unter militärischen und diplomatischen Rückschlägen: Bei Angriffen auf zwei Hubschrauber einer US-Spezialeinheit starben mindestens sieben Insassen. Es ist der höchste Verlust durch Feindbeschuss, den die USA bisher im Afghanistankrieg erlitten.

Die Mitteilung des US-Zentralkommandos, auch deutsche Spezialkräfte seien an den Militäroperationen beteiligt, löste derweil bei der Bundesregierung in Berlin Verärgerung aus. „Der Informationsbeitrag in den Vereinigten Staaten wäre nicht notwendig gewesen“, sagte der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums.

Die rot-grüne Regierung will Einsätze des so genannten Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr möglichst geheim halten. Dabei verweist sie auf Sicherheitserwägungen – eine Begründung, die durch die freimütige Mitteilung der Amerikaner unglaubwürdig wird. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering verteidigte die Informationspolitik der Bundesregierung. „Solche militärischen Operationen vertragen keine öffentlichen Debatten“, sagte Müntefering. Alle dazu notwendigen Informationen sollten nicht an die Öffentlichkeit, sondern an die dafür zuständigen Gremien und Ausschüsse des Parlaments gegeben werden. „Wir gehen davon aus, dass dies geschieht“, so Müntefering. Gleichwohl berichtete Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), deutsche Soldaten hätten in der Nacht zum Montag Sanitätsdienste geleistet.

Eine Sprecherin des Pentagons bestätigte gestern den Abschuss zweier Hubschrauber mit US-Spezialeinheiten an Bord. Dabei seien mehrere Menschen ums Leben gekommen. Nach Informationen des Fernsehsenders CNN starben insgesamt sieben US-Soldaten, zehn weitere seien verletzt worden. In einem Helikopter seien sechs Soldaten umgekommen. Der andere habe noch bis zu den amerikanischen Linien fliegen können, sei dort aber in Flammen aufgegangen.

Die Abschüsse ereigneten sich am dritten Tag einer von US-Spezialeinheiten angeführten und von schweren Luftangriffen begleiteten Offensive nahe der Stadt Gardes. An den Kämpfen sind sowohl Kämpfer lokaler afghanischer Warlords beteiligt als auch US-Einheiten sowie Spezialtruppen aus Frankreich, Dänemark, Norwegen, Australien, Kanada und Deutschland.

„Die Feuergefechte sind weiterhin intensiv“, berichtete gestern ein Sprecher des für den Afghanistaneinsatz zuständigen Kommandos der US-Streitkräfte. Nach einem CNN-Bericht wollen die USA Verstärkungen in die Region entsenden. Am Morgen waren auf einem US-Stützpunkt in der Region Raketen eingeschlagen.

Nach Berechnungen des US-Wirtschaftswissenschaftlers Marc Herold sind in Afghanistan bis Ende Februar wahrscheinlich 4.050 Menschen durch Luftangriffe ums Leben gekommen. In einem Interview mit der taz sagte der Professor der Universität New Hampshire, bei den erfassten Opfern handle es sich ausschließlich um solche, die durch Bomben und Raketen zu Tode gekommen seien. Bei den Bodenkämpfen habe es relativ wenige Opfer gegeben. J. K., PAT, EC

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