Die UNO in der Sackgasse

Kofi Annan schlägt die Teilung der Westsahara vor. Die marokkanische Regierung und die Befreiungsbewegung Polisario warnen vor Instabilität und Krieg

MADRID taz ■ „Die Zukunft des Friedensprozesses in der Westsahara sieht mehr als düster aus“, schreibt UN-Generalsekretär Kofi Annan in seinem neuesten Bericht an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Die Ratsversammlung folgte am Mittwoch der pessimistischen Einschätzung und verlängerte das Mandat der UN-Truppen in der nordwestafrikanischen Region um nur zwei Monate.

„Nach elf Jahren der Anstrengung und fast einer halben Milliarde Dollar an Ausgaben hat die UNO keine Lösung für das Problem gefunden“, schreibt Annan weiter. Die UN steht damit kurz vor dem Scheitern ihres Versuchs, eine Lösung für die seit 1975 von Marokko besetzte ehemalige spanische Kolonie zu finden. „Die beiden Konfliktparteien haben kein Interesse an Zusammenarbeit gezeigt, sei es um den Friedensplan umzusetzen oder um eine politische Lösung auszuhandeln“, urteilt Annan.

Weder die Vorbereitung eines Referendums über die Unabhängigkeit von Marokko hat zum Erfolg geführt, noch der Vorschlag der UNO, die Westsahara mit weitgehender Autonomie unter marokkanischer Souveränität zu belassen. Ersteres scheiterte an Marokko, letzteres an der Befreiungsbewegung Polisario.

Marokko hat in den vergangenen Jahren 140.000 Widersprüchen gegen die Liste der Wahlberechtigen eingelegt, und damit die Arbeit der UN-Mission (Minurso) erfolgreich blockiert. Für die Polisario und die 160.000 sahaurischen Flüchtlinge, die seit 25 Jahren in Camps in der westalgerischen Wüste leben, wäre eine Autonomieregelung, wie sie der UN-Sonderbeauftragte und ehemalige US-Außenminister James Baker versuchte zu vermitteln, einer Niederlage gleichgekommen.

In zwei Monaten wird der Sicherheitsrat vor der Entscheidung stehen, ob er die 300 Blauhelme aus der Region abzieht. Annan selbst sieht nur noch eine Lösung: die Teilung des 260.000 Quadratkilometer großen Territoriums. Marokko würde demnach den Nordteil der Westsahara behalten. Damit würden die Hauptstadt der ehemaligen spanischen Kolonie El Ayun und die Phosphatminen endgültig an Rabat fallen. Genau dort hat Marokko am meisten in Infrastruktur investiert und zehntausende Marokkaner angesiedelt. Die Polisario könnte in der Südhälfte einen eigenen Staat errichten. Haupteinnahmequelle wären die reichhaltigen Fischvorkommen an der Atlantikküste, sowie eventuelle Erdölvorkommen.

„Eine Teilung führt zur Instabilität in der Region“, droht die USFP, Partei des marokkanischen Regierungschefs Abdarrahmane Youssoufi. Die USFP besteht darauf, dass sich die UNO weiterhin für eine Autonomieregelung stark macht. Marokko hat in der Wüste eine 2.000 Kilometer lange Mauer errichtet, an der tausende von Soldaten die annektierten Gebiete bewachen.

Auch die Polisario rasselt mit den Waffen. „Falls der UN-Plan für ein Referendum endgültig scheitert, bleibt uns nur der Krieg“, erklärte am Mittwoch der Polisario-Vorsitzende und Präsident der sahaurischen Exilregierung, Mohamed Abdelaziz, in einem Interview. REINER WANDLER