Dirty Harry und die Müllmänner

Todeshunger: Ein Vortrag von Michael Lüders im Literaturhaus über die Lage im Nahen und Mittleren Osten

Wäre die Situation im Nahen und Mittleren Osten nicht so komplex, könnte man darüber lachen. Jedenfalls hielt Michael Lüders im Literaturhaus einen lockeren und trotzdem inspirierenden und kritischen Vortrag über den politischen Zustand der arabisch-islamischen Länder.

Begleitet vom OsteuropaoKorrespondenten Hermann Vinke als Moderator, basierten Lüders Überlegungen und Analysen an diesem Abend auf seinem Buch „Wir hungern nach dem Tod“. Gespickt mit persönlichen Erlebnissen und Anekdoten aus der Region, wechselte er zwischen leichter Erzählkunst und eingehender Untersuchung. Die Menschen im halbvollen Saal dankten es mit Heiterkeit und Aufmerksamkeit.

Lüders skizzierte die Probleme einer Weltregion, die politisch äußerst labil und schwach ist und von Indien über Jordanien bis nach Marokko „wie miteinander zusammengeschlossene Röhren verbunden sei, in der nur das eine Ende wackeln muss, damit das andere wegbricht.“

Der 42-jährige Autor, Spiegel-Essayist und ehemalige Nahost- Redakteur bei der Zeit gab sich nicht als allwissender Experte. Nach der Analyse wagte er sich an Spekulationen und möglichen Entwicklungen. So prophezeite er, dass sich die Interimsregierung in Afghanistan nicht lange wird halten können, da der Regierungschef Hamid Karzai über keine Hausmacht verfüge, „so wie das bei Angela Merkel auch war“.

Einen großen Teil des Abends widmete Lüders den Entwicklungen im Irak. Er sei fest davon überzeugt, dass die USA Saddam Hussein angreifen werden, sagte er, alles nur eine Frage der Zeit. Lüders kritisierte die US-Außenpolitik, die es sich mit dem Kampf gegen den Terror sehr einfach mache und deren „omnipotente Vormachtspolitik“ für Wut und Ohnmacht in der Region sorgten. Im Irak werde es nicht so schnell gehen wie in Afghanistan. Auch dort habe sich gezeigt, dass es nicht so gehe, „mal eben zu bomben und den freundlichen Hamid Karzai zu schicken“. Aber trotzdem würden die USA ihre Interessen durchsetzen, auch gegen die Europäer, die nur die Rolle des Müllmannes hätten und für den Wiederaufbau zuständig seien, wenn „Dirty Harry fertig ist“.

Lüders kritisiert auch die deutschen Medien. Es gäbe eine „Beißhemmung“, Ängste davor, gleich als „antiamerikanisch“ gebrandmarkt zu werden. Auch diese Kritik von Lüders war wie sein gesamter Vortrag: inhaltlich hart, aber ironisch und locker.

JAN DIMOG TANJUAQUIO