Telekom blickt gelassen ins Milliardenloch

Dem gestoppten Verkauf zum Trotz will die Telekom bis Jahresende ihre Schulden auf 50 Milliarden Euro reduzieren – sagt aber nicht, wie

BERLIN taz ■ Über die Schulden von Leo Kirch kann Telekomchef Ron Sommer nur lächeln - schließlich steht die Deutsche Telekom AG nach eigenen Angaben mit 65 Milliarden Euro Nettoschulden bei Banken und Anlegern genau zehn mal so hoch in der Kreide wie der Münchner Medienzar. Das Problem von Sommer wie von Kirch: Es werden einfach nicht weniger Schulden, wenn auch die Telekom mit einem Umsatz von 35 Milliarden Euro allein in den ersten neun Monaten 2001 eine paar Nummern größer ist als das Kirchsche Medienreich.

Im Jahr des T-Aktien Börsengangs 1996 hatte die Telekom noch 51 Milliarden Finanzverbindlichkeiten in ihrem Geschäftsbericht ausgewiesen. In den Folgejahren sank diese enorme Summe samt den damit verbundenen hohen Zins- und Tilgungsraten erst ab, stieg dann aber mit dem Kauf von Mobilfunkgesellschaften in Großritannien und den USA sowie den teuren UMTS-Lizenzen für die nächste Handy-Generation wieder an.

Langsam werden sowohl Börsenhändler wie auch Kreditgeber und anlegende Fonds etwas nervös. Die Deutsche Telekom steht zwar im Vergleich mit den meisten internationalen Konkurrenten noch gut da.

Aber die Schulden müssen runter, sonst steigt der niedrige Aktienkurs (15,80 Euro gestern, nur gut ein Euro über dem Ausgabekurs von 96) weiterhin nicht. Auch droht nach dem gestrigen Stop vom Kartellamt eine schlechtere Einstufung durch die Ratingagenturen - was wieder höhere Zinszahlungen nach sich ziehen würde.

Die Schulden sollen also zum Jahresende 2002 auf 50 Milliarden Euro gedrückt werden - so die Zielvorgabe des Telekom-Vorstands. Wo genau die dafür nötigen 15 Milliarden Euro herkommen könnten, wollte die Telekom auch gestern nicht sagen. 5,5 Milliarden Euro hätte allein der Verkauf der Kabelnetze an Liberty gebracht. Nun wolle die Telekom eben an jemand anderen verkaufen, so gestern ein T-Sprecher. Außerdem gebe es ja noch viele Telekom-Immobilien und einen Anteil an der France Telecom.

Ob als Notnagel trotz der derzeit miserablen Börsenkurse auch Aktien der Mobilfunktochter T-Mobile verkauft werden sollen, ist laut Telekom weiterhin nicht entschieden. Ron Sommer hat den Börsengang, eigentlich für Oktober 2000 geplant, bereits mehrmals verschoben. Es sollen T-Mobile-Aktien für 10 Milliarden Euro unters Volk gebracht werden.

Wenn es schon mit den Milliarden nicht klappt, so bringt ein Beschluss der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post wenigstens ein paar Millionen: Die Telekom darf zum 1. Mai die Grundgebühren für normale und ISDN-Anschlüsse um je 65 Cent erhöhen - zum ersten mal seit mehr als zehn Jahren. Gleichzeitig senkt sie die Tarife für Ortsgespräche von 6,2 auf 6,0 Cent pro Einheit. Unterm Strich soll ein Plus in zweistelliger Millionenhöhe übrigbleiben. Auch nicht schlecht.

REINER METZGER