Und eine Buddel voll Rum

Schnapsschmuggel an der dänischen Grenze: Wenn der Kofferraum fast auf der Straße hängt, wird genau hingeschaut  ■ Von Friedhelm Caspari

Wehe dem Fahrer, der auf nördlicher Seite der deutsch-dänischen Grenze in seinem Auto zu viel Schnaps intus hat: Der Begriff „Alkoholkontrolle“ gilt hier außerhalb des menschlichen Körpers. „Hast du vielleicht etwas dabei, das verzollt werden muss?“, bittet Zollassistentin Laila Petersen einen älteren Herrn, den Kofferraum zu öffnen. Was folgt, ist oft eine saftige nachträgliche Rechnung.

Zielgenau greifen dänische Zöllner in Kofferräume und unter Autositze. Was zum Vorschein kommt, ist illegales Hochprozentiges. „Meist verstecken das die Leute ein bisschen“, sagt Zöllnerin Petersen. Indessen nehmen ihre Kollegen Elisabeth und Carsten Nielsen zwei weitere Wagen ins Visier.

Vielfach sind die Schmuggler leicht erkennbar: Das Hinterteil des Autos berührt fast den Straßenasphalt. Das Schwergewicht rührt von den hoch gestapelten Dosenbierpaletten mit dänischem Bier her, die auf dem Parkplatz der Grenzläden deutscherseits gerade eben gebunkert wurden. Völlig in Ordnung, denn Bier kann seit einiger Zeit schon jeder in den Mengen mitnehmen, die er möchte oder sein Auto tragen kann – familiärer Eigenkonsum vorausgesetzt. Bei dieser Einschätzung drücken die Zöllner dann ein Auge zu, und der Transporteur spart umgerechnet rund sieben Euro pro Kasten.

Aber: Den Verbraucher und damit den Zoll reizen in erster Linie die begehrten Spirituosen, die Dänemarks Staatsbürger preisgünstigst in den Konsumtempeln des südlichen EU-Nachbarn erwerben. Doch nur vermeintlich billig ist das Schnäppchen: Wenn auf dänischer Seite eine überraschende Kontrolle läuft – diese finden täglich überall statt, doch wo, weiß keiner – kann es verdammt teuer werden. Diesmal filzen die Steuerfahnder direkt am alten Grenzübergang Padborg bei Harrislee nahe Flensburg.

Auch der ältere Mann hat eine Flasche Malt-Whisky im Einkaufsgut. Das darf er nicht, jedenfalls nicht undeklariert. Er war nur zum Einkauf kurz über die Grenze und nicht 24 Stunden lang in einem anderen EU-Land. „Ich habe schon damit gerechnet, doch ich wollte sie gerne haben, Pech gehabt“, sagt der 64-Jährige leicht geknickt.

Gnadenlos schlägt der Zollstempel auf der Quittung zu, denn es wird an Ort und Stelle kassiert und der deutsche Beobachter wundert sich: Umgerechnet bis zu 25 Euro pro Flasche – es kommt auf die Prozente an – muss der Kleinschmuggler an Abgaben und Strafe nachzahlen. Größeres Pech hat ein gleichfalls älterer Mann, aus dessen Van die Kontrolleure fast zehn Flaschen herauskramen. Steuer und Strafe: fast 2000 Dänenkronen (gut 250 Euro). Lohnendes Ergebnis fürs Königreich nach rund zwei Stunden: Allein an diesem Morgen haben die „Schnapsjäger“ mindestens 15 Schmuggler erwischt.

„Das ist gar nichts“, sagt Laila Petersen. Gerade gestern hätten sie einen braven Menschen mit 359 Flaschen „Sprit“ ertappt. Das macht 51.000 Kronen (6800 Euro) Nachzahlung. Wer nicht sofort berappen kann, dessen Ware wird eingezogen und bei der Zollverwaltung deponiert.

Der rege illegale Transfer von Schnaps und Tabakerzeugnissen ist nicht neu. Das „Geschäft“ blüht aber erst so richtig seit dem Wegfall der direkten Grenzkontrollen vor fast einem Jahr. „Ein Drittel mehr Aufgriffe als früher“, konstatiert tro-cken der für Südjütland zuständige Zollchef Carl P. Andersen (Vejle). „Aber wir wissen leider nicht, wie viel wirklich geschmuggelt wird.“ Die Auffliegenden seien wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Die weißen Zollbriefkästen, die an den Übergangsstellen hängen, werden kaum beachtet. Hier muss eine Einfuhrerklärung mit Abbuchungsverfügung eingeworfen werden, wenn Mitnahmegrenzen überschritten sind. „Nur wenn man uns von weitem sieht, werden schnell die Formulare ausgefüllt und in den Kasten geworfen oder bei uns abgegeben“, sagt eine Zöllnerin und winkt den nächsten Wagen zur Kontrolle.