Betr.: Lena, 19, studiert in Moskau Ökonomie & Management

Lena, 19, studiert in Moskau Ökonomie & Management; ihr Vater ist Direktor einer Ölförderstation, ihre Mutter ist Buchhalterin:

Momentan ist die Gesundung der Wirtschaft für Russland das Wichtigste. Aus diesem Grunde habe ich mich für das Ökonomiestudium entschieden. Vielleicht kann ich so später einen Beitrag zur Entwicklung meines Landes leisten. Nur wenn wir unsere eigene Produktion entwickeln, werden wir die Krise überwinden. Ich möchte meine schöpferische Seite mit der Ökonomie verbinden. Ich stelle mir vor, später eine Kleiderproduktion zu leiten. Dabei denke ich nicht an „höhere Mode“, sondern an Kleidung für alle Bevölkerungsschichten, von bester Qualität und zu einem günstigen Preis. Ich bin es wirklich leid, dass ein Großteil der Waren in unseren Läden aus dem Ausland kommt und für die meisten Menschen unerschwinglich ist.

Ich möchte immer in Russland leben, vor allem wegen der Menschen. Die russische Seele ist etwas Unfassbares und Ungeheuerliches. Der russische Mensch hat emotionale Fähigkeiten, die keine andere Nationalität kennt. Wir sind Freunde für das ganze Leben bis zum Tod. Wenn wir lieben, können wir jedes Opfer bringen. In unseren Gefühlen sind wir grenzenlos. Wir haben ein Sprichwort: „Lieber hundert Freunde als hundert Rubel!“ Allerdings gibt es heute Menschen, die vom schnellen Geld verdorben sind. Die Entfremdung zwischen den Menschen wächst, weil jeder nur ans eigene Vorwärtskommen denkt oder denken muss, vor allem hier in der Stadt. Viele übersehen die Obdachlosen, denen man auf Schritt und Tritt begegnet. Wenn ich in der Lotterie gewinnen würde, würde ich drei Heime einrichten: eines für arme, alte Menschen, eines für obdachlose Kinder und eines für herrenlose Tiere. Ich weiß, ich bin ein sehr idealistischer Mensch.