Geldwäsche bei Dresdner-Bank-Ableger

Eine zum Teil in deutschem Besitz liegende argentinische Geschäftsbank soll die Finanzkrise auf illegale Weise genutzt haben: Trotz Verbot schaffte sie angeblich Kapital ins Ausland und handelte extra hohe Zinsen für Bankfonds aus

„Wir haben davon durch die Justiz erfahren.“

BUENOS AIRES taz ■ Carlos Rohm saß bereits bequem im First-Class-Abteil einer Lufthansa-Maschine am internationalen Flughafen von Buenos Aires, als Zivilpolizisten ihn am 23. Januar kurz vor dem Start festnahmen. Seither sitzt er in Argentinien in Untersuchungshaft. Nur wenige Stunden zuvor hatte die Polizei die von ihm und seinem Bruder José geführte Geschäftsbank BGN (Banco General de Negocios) durchsucht. José Rohm gelang aber die Flucht. So konnte er am 24. Januar an einer Verwaltungsratssitzung der BGN in Zürich teilnehmen, obwohl die argentinischen Behörden einen internationalen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt hatten. Er wird zurzeit in den USA vermutet.

Im Haftbefehl wirft die Richterin María Servini de Cubría den Bankiers illegale Kapitaltransfers ins Ausland, Geldwäsche und Korruption vor. Pikant für die deutsche Finanzwelt: Im Verwaltungsrat der BGN sitzt auch der Dresdner-Bank-Chef Bernd Fahrholz. Über ihre Tochter Dresdner Bank Lateinamerika AG hält sie etwa 25 Prozent an der BGN. Im Jahr 1959 war die Deutsche Südamerikabank – heute Dresdner Bank Lateinamerika AG – eines der Gründungsmitglieder der Investitionsgesellschaft Companía General de Inversiones, die 1979 in die BGN umgewandelt wurde. Laut Servini soll die BGN Anfang Dezember mehrere Millionen Dollar über Nacht ins Ausland geschafft haben.

Das Delikt: Der damalige Präsident Fernando de la Rúa hatte die Bankguthaben sperren lassen, um den Kollaps des Bankensystems zu vermeiden. Niemand konnte in dieser Zeit über 250 Pesos pro Monat von seinem Konto abheben. Bislang sind die Ermittler auf illegale Transfers, auch von anderen Geschäftsbanken, in Höhe von 15 Millionen Dollar gestoßen. Es wird aber vermutet, dass allein die Summe der Fluchtgelder, die über die BGN geflossen sind, das doppelte beträgt.

Aber die Kapitaltransfers sind nicht das einzige Ermittlungsverfahren gegen die Dresdner-Bank-Partnerin in Argentinien. Ein weiterer Bundesrichter untersucht dieser Tage eine Anzeige des Parlamentsabgeordneten Marío Cafiero, wonach es beim Schuldentausch im Juni vergangenen Jahres zu Ungereimtheiten gekommen sein soll. Um die eigene Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, wandelte die Regierung damals argentinische Bonds mit kurzer Laufzeit in Höhe von 29,47 Milliarden Dollar in Papiere langer Laufzeit um. Seltsamerweise wurde der Schuldentausch nicht von der Zentralbank abgewickelt, sondern von sieben Geschäftsbanken, die gleichzeitig Gläubiger Argentiniens waren. Dafür kassierten die Banken eine Kommission in Höhe von 0,55 Prozent. Aber damit nicht genug: Cafiero will beweisen können, dass nach Abschluss des Deals die Preise der Bonds und die Zinssätze während einer Hinterzimmersitzung nachverhandelt wurden.

Mit am Tisch: die Brüder Rohm. Als Ergebnis sei der durchschnittliche Zinssatz für die getauschten Titel von 6,5 Prozent auf 17,47 Prozent gestiegen, so Cafiero. Damit muss Argentinien in 20 Jahren nach Berechnungen des Abgeordneten 55 Milliarden Dollar zusätzlich an Zinsen bezahlen. Für den Abgeordneten des Mitte-links-Bündnisses Alianza „der Raub des Jahrhunderts“.

In der Dresdner-Bank-Zentrale in Frankfurt hieß es am Mittwoch, man habe von den schmutzigen Geschäften der Brüder Rohm nichts gewusst. „Wir haben davon durch die Ermittlungen der Justiz erfahren“, sagte eine Sprecherin der Bank. Die Vorsitzende des Geldwäsche-Untersuchungsausschusses im argentinischen Parlament, Elisa Carrió, widerspricht: „Es ist unmöglich, dass diejenigen, die im Verwaltungsrat saßen, nicht wissen, was für Geschäfte die BGN abgewickelt hat.“

„Das istder Raubdes Jahrhunderts.“

Es ist nicht das erste Mal, dass die BGN von der Justiz ins Visier genommen wird. Im Jahr 1997 musste sich Carlos Rohm im aufsehenerregendsten Korruptionsskandal der 90er-Jahre in Argentinien vor Gericht verantworten. Bei der Ausrüstung der Banco Nación mit Computern und Software soll der Computerhersteller IBM 37 Millionen Dollar an Schmiergeldern bezahlt haben. Zehn Millionen davon sollen über die BGN ins Ausland transferiert worden sein.

Die Rohms gelten in Argentinien als die Bankiers der Macht. Die BGN ist über ihre Zweigstelle in Uruguay im Offshore-Geschäft tätig, zählt zu den wichtigsten Zwischenhändlern für Staatsanleihen und war während der 90er-Jahre unter der Präsidentschaft von Carlos Menem an mehreren Privatisierungen beteiligt. Dabei ging es nicht immer legal zu. INGO MALCHER