Spielraum beim Atom?

■ Im Streit um den Atom-Umschlagplatz Bremerhaven schieben sich Genehmigungsbehörde und Häfenressort gegenseitig den schwarzen Peter zu

Muss Bremerhaven Atommüll umschlagen? Ein Brief des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) sorgt jetzt im Häfenressort für Verwirrung. Darin betonen die Strahlenschützer aus Salzgitter, dass sie zwar für die Genehmigung der Atom-Transporte zuständig seien, dabei aber keinen bestimmten Weg oder Hafen vorschreiben würden. „Die Route der Atomtransporte legt der Transporteur fest und stimmt sie mit den Innen- und den Hafenbehörden der beteiligten Länder ab“, sagt Karl Amannsberger, Leiter im Präsidialbereich des BfS: „Wir haben da gar nichts mit zu tun.“

Das Häfenressort hatte bisher stets betont, zur Abwicklung der vom BfS genehmigten Transporte verpflichtet zu sein. Die Debatte um den Atom-Umschlagplatz Bremerhaven war Ende letzten Jahres wieder aufgeflammt, als vier Transporte mit insgesamt einer Tonne Plutonium aus der nordschottischen Atomanlage Dounreay in der Seestadt an Land gingen. Sowohl die Transportfirma Nuclear Cargo Service (NCS) als auch das BfS hatten damals gegenüber der taz erklärt, dass niemand Bremen zwinge, seine Häfen für die Atomfracht zur Verfügung zu stellen. Daraufhin hatte das Häfenressort beide Beteiligte schriftlich um Klärung gebeten.

Sowohl BfS als auch NCS reagierten postwendend. „Das sind keine präzisen Antworten“, ärgert sich Ingulf Piorkowsky, der für Häfen zuständige Abteilungsleiter im Ressort von Senator Josef Hattig (CDU). Jetzt will er noch einmal nachhaken: „Die Gespräche sind noch nicht beendet.“ Der zweite Brief des Häfenressorts ans BfS befinde sich in Arbeit, sagt Piorkowsky: „Wir prüfen die Formulierungen, damit wir nicht nochmal so eine laxe Antwort erhalten.“

Lübeck und Emden haben schon vor Jahren einen Passus in ihre Hafenordnungen eingefügt, der den Umschlag von Atommüll untersagt. „So was scheint möglich“, sagt BfS-Mann Amannsberger. „Da reiten alle darauf rum“, regt sich Piorkowsky auf: „Aber Lübeck ist fein aus dem Schneider, weil sie nicht gebraucht werden.“ Dem Beispiel der beiden Hafenstädte will er jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht folgen: „Wir sind ein Universalhafen, über den alle zugelassenen Güter umgeschlagen werden können.“

Zwar ist dieser Begriff nach Aussage des Bundesverkehrsmi-nisteriums nicht festgelegt: Die Reedereien müssten sich auch bei einem „universalen“ Hafen stets erkundigen, ob die von ihnen transportierten Güter dort umgeschlagen werden können, heißt es dort. Und auch die immer wieder ins Feld geführte Hafenlastabgabe, die Bremen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs noch bis 2004 jährlich rund 46 Millionen Euro einbringt, ist nicht an den Umschlag bestimmter Güter gekoppelt. Piorkowsky befürchtet jedoch, dass viele Reedereien Bremen aus ihrem Programm streichen würden, wenn der Hafen nicht grundsätzlich alle Güter umschlägt: „Wenn dann von 7.000 Containern auf einem Schiff drei radioaktive Stoffe enthalten, kommt das ganze Schiff nicht mehr her.“ Der Häfenchef ist sich daher sicher: „Zu einem grundsätzlichen Verbot werde ich nicht kommen.“

Schon allein aus Image-Gründen ist Bremen an den skandalträchtigen Atommüll-Transporten jedoch nichts gelegen. Sollte das BfS weiter behaupten, dass Bremen nicht zum Umschlag von Atommüll verpflichtet sei, kündigt der Chef des Häfenressorts an, „so zu entscheiden, dass das mal ruhig wird“. Konkret: „Dann sage ich denen: ,Kümmert euch auch mal um andere Häfen.'“ hoi