Der schönste Verleger Deutschlands

Schlecht für Kreuzberg, gut für Hamburg: Alexander Fest wird neuer Geschäftsführer des Rowohlt Verlags

Es passte richtig gut, als der Alexander Fest Verlag im Sommer letzten Jahres verkündete, mit einem Umzug innerhalb Kreuzbergs dem Berliner Stadtteil die Treue zu halten: ein kleiner Verlag mit Anspruch, der sich in der kurzen Zeit seines Bestehens etabliert und einen guten Ruf bei Kritik und Publikum erworben hatte; und ein Bezirk wie Kreuzberg, der nach Jahren des Niedergangs in die Charts zurückgekehrt war.

Nur ein halbes Jahr später ist wieder alles anders: Alexander Fest, „der schönste Verleger Deutschlands“ (Die Zeit) und Sohn des einstigen FAZ-Herausgebers und Hitler-Biografen Joachim Fest, kehrt Kreuzberg den Rücken, geht nach Hamburg und übernimmt die Leitung des Rowohlt Verlags.

Eine Personalie, hinter der sich mehr verbirgt. Mit dem Weggang von Alexander Fest wird es, auf dessen Wunsch, den Alexander Fest Verlag nicht mehr geben. Das Frühjahrsprogramm mit Titeln wie „Taiga Blues“ von Alexander Ikonnikow oder „Auf dem Weg nach Messara“ von Andreas Schäfer wird das letzte des Verlags sein, und die Fest-Autoren und -Mitarbeiter werden ebenfalls zum Rowohlt Verlag wechseln.

Der Alexander Fest Verlag war zwar selbst nur bedingt unabhängig und Teil des S. Fischer Verlags und der Holtzbrinck-Verlagsgruppe, musste aber in Eigenregie wirtschaften. Und es gelang ihm dabei, nicht zuletzt durch das Wirken von Alexander Fest, sich als schneller, flexibler Verlag unter all den Verlagsgiganten zu erweisen.

Bevor der heute 42-jährige Alexander Fest 1996 die Gründung eines eigenen Verlages bekannt gab, war er von 1991 bis 1995 Lektor beim Berliner Siedler Verlag. Möglicherweise entwickelte er hier ein Gespür für literarische Entdeckungen, das sich bei Siedler nicht recht umsetzen ließ; möglicherweise hat ihm auch sein prominenter Name dazu verholfen, die eine oder andere Tür zu öffnen.

Unbestritten aber ist, dass Fest sich als richtiggehender Autorenverleger entpuppte und mit seinem kleinen Verlag Großes bewirkte. So setzte er einen amerikanischen Schriftsteller wie Denis Johnson auf dem deutschen Markt durch: Johnson war vorher schon von Ullstein und Suhrkamp verlegt worden, galt aber als nicht marktgängig. So hat er sich vor kurzem erst die Rechte an einem Buch des amerikanischen Schriftstellerriesen Jonathan Franzen gesichert.

Fest verlegte einen Autor wie Georg Klein, von dem über ein Jahrzehnt kein Verlag ein Buch veröffentlichen wollte. Schon mit seinem zweiten Buch, „Barbar Rosa“, wurde Klein zum Star des Bücherfrühlings 2001; Fest gewann Schriftsteller wie Max Goldt und Eckhard Henscheid, und er hatte auch ein glückliches Händchen mit jungen Autoren: David Wagners „Meine nachtblaue Hose“ sorgte im Frühjahr 2000 für Aufsehen, und Norbert Zähringer bestätigte ein Jahr später mit seinem Roman „So“, dass der Erfolg mit Wagner keine Eintagsfliege war.

Für den großen Rowohlt Verlag dürfte Alexander Fest ein regelrechter Glücksgriff sein: Etwas orientierungslos war in letzter Zeit das Rowohlt-Programm, der Verlag war durch betriebswirtschaftliche Vorgaben fast ausschließlich zum kommerziellen Erfolg gezwungen. Mit Alexander Fest könnte in Zukunft wieder beides bei Rowohlt gehen: Literatur und Erfolg.

GERRIT BARTELS