Steglitzer Forschungs-Sightseeing

Vor der Entscheidung des Abgeordnetenhauses zum Uniklinikum Benjamin Franklin lädt die Freie Universität Presse und Politik zur Busrundfahrt. Auf dem Programm: die enge Verflechtung mit dem Forschungsstandort Berlin

Für eine Busrundfahrt sind Steglitz und Dahlem nun wirklich nicht geeignet: Niedrige S-Bahn-Brücken lassen den Fahrer sorgenvoll nach oben blicken, in den engen Kurven kratzen kleine Zweige am Bus entlang. Der zuckelt trotzdem stetig über den „Biomedizinischen Campus“, wie ihn die Leitung der Freien Universität (FU) nennt. Im Kampf für den Erhalt ihres Uniklinikums hatte diese gestern Presse und Politiker zur Rundfahrt geladen – und fast alle waren gekommen. „Von der SPD ist niemand da?“, wird Tourleiter Manfred Gross, im Fachbereich Humanmedizin Prodekan für Forschung, gleich mehrmals gefragt. „Nein, niemand“, so die schlichte Antwort.

Die PDS ist mit Wissenschaftssenator Thomas Flierl vertreten, der im engen Bus gleich von Kamerateams belagert wird. „Mir fehlte bisher die Anschauung“, erklärt er seine Teilnahme an der Busrundfahrt und bewirkt damit bei FU-Präsident Peter Gaehtgens ein kleines Lächeln: Gaehtgens will mit der Rundfahrt das Netzwerk von Forschungseinrichtungen um das Steglitzer Uniklinikum „physisch erfahrbar“ machen. Und Flierl, der nach dem Willen von Rot-Rot das Klinikum abwickeln soll, ist sein erklärter Hauptadressat. Alle anderen Parteivertreter – ob von CDU, FDP oder Grünen – sind nur aus Solidarität dabei. „Ich kenne den Wissenschaftsbetrieb seit 12 Jahren“, sagt der grüne Exwissenschaftsstaatssekretär Bernd Köppl. „Es ist wichtig, zu begreifen, wie hier alles miteinander verwachsen ist.“ Um das auch Flierl klar zu machen, hat die FU eine Videopräsentation zusammengestellt, an der noch bis 5 Uhr morgens gearbeitet wurde, wie Gross stolz erklärt. Während die historischen Bilder über die Monitoren flimmern, rollt der Bus über die B1 nach Dahlem.

Als ersten Kooperationspartner „zum Anfassen“ präsentiert die FU den Direktor des Max-Planck-Instituts (MPI), Professor Hans Lehrach. Er schlendert lässig auf den parkenden Bus zu, der Tourleiter stellt ihn als eine der zentralen Figuren im Humangenomprojekt vor. Lehrach spricht von dem großen Potenzial der Interdisziplinarität, das es am FU-Campus gebe. „Es gibt nur wenige Standorte in Deutschland, die das zu bieten haben“, sagt der MPI-Chef. Anschließend legt er Senator Flierl die Bedeutung des Fachbereichs Humanmedizin noch einmal unter vier Augen dar. Doch dieser lässt sich auch jetzt nicht zu einer eindeutigen Aussage hinreißen und verabschiedet sich.

Flierl verpasst danach ein weiteres Vorzeigeprojekt: Die Mologen AG, das erste erfolgreiche Biotechnologie-Start-up. Deren Chef Burghardt Wittig hat gleichzeitig einen Lehrstuhl an der FU; dort wird auch die Forschung für sein Unternehmen betrieben. „Public-Private-Partnership“ nennt sich dieses Modell, von dem beide Seiten profitieren: So übernimmt Mologen etwa die Instandhaltungskosten des Lehrstuhls.

Kurz vor Ende der Tour nach knapp zwei Stunden sagt Manfred Gross ins Busmikrofon: „Sie kommen sich jetzt sicher vor wie eine japanische Reisegruppe.“ Stimmt. Eine schnelle Tour, Fotostopps und bestellte Gesprächspartner. Die FU kämpft entschlossen für ihr Klinikum – auch mit ungewöhnlichen Mitteln. MARKUS MÜNCH