Asyl oder Freitod

Aus Protest gegen die Zustände im australischen Internierungslager Woomera wollen sich elf minderjährige Flüchtlinge umbringen

MELBOURNE taz ■ Aus Verzweiflung über die Zustände in dem australischen Internierungslager Woomera haben mehrere Flüchtlingskinder mit Selbstmord gedroht. Elf Asylsuchende im Alter zwischen 14 und 17 Jahren wollen sich nach Angaben eines Anwaltes umbringen, sollten sie das ehemaligen Raketentestgelände nicht verlassen dürfen. Dort sind weitere rund 370 Asylsuchende im Hungerstreik.

Ministerpräsident John Howard blieb jedoch unnachgiebig. „Ich möchte eindeutig klarstellen, dass die Regierung ihre derzeitige Politik nicht ändern wird“, sagte er. Gleichzeitig ist Howard bemüht, die Medien, die bislang die Öffentlichkeit über die tragischen Vorgänge in Woomera informierten, bei ihrer Arbeit zu behindern. So wurden die Medienvertreter aus dem In- und Ausland aus der Nähe des Lagers verbannt und auf eine „Beobachtungsposition“ außer Sichtweite des Lagers zurückgedrängt. Eine Reporterin des australischen Rundfunksenders ABC, die der Weisung der Polizei nicht gleich folgte, wurde festgenommen und zur Wache gebracht. Gegen sie wurde Anzeige erstattet. Auch die übrigen Reporter und Kameraleute mussten ihre Namen und Adressen angeben.

Die australische Journalistengewerkschaft verurteilte gestern dieses „präzedenzlose Geschehen“, während der Sender ABC und einige Zeitungsverlage wegen der Beschränkung der Pressefreiheit Rechtsverfahren gegen die Regierung planen. Demgegenüber bestritt Einwanderungsminister Philip Ruddock gestern, dass der Presse ein Maulkorb angelegt werden solle. Die Entfernung der Presse sei als Maßnahme zum Schutz der Lagerinsassen aufzufassen.

Doch Kritik wird längst nicht nur in den Medien laut. Die bisher die Regierungspolitik unterstützende Labour-Opposition verlangte die Freilassung aller Flüchtlingskinder aus den Lagern, währen die Parteien der Demokraten und Grünen die Schließung von Woomera forderten. Auch die katholische Kirche des Landes und das Rote Kreuz stellten sich gegen die Regierung. „Ich fordere die Regierung auf, die Menschenwürde und die Rechte der Asylsuchenden zu respektieren und ihre Hilfeschreie anzuhören“, sagte Erzbischof Francis Carroll, Präsident der Australischen Bischofskonferenz. Die moralischen Kosten der Politik der Regierung seien zu hoch. BORIS B. BEHRSING