Großzügige Rechnerei in Tokio

Afghanistan-Geberkonferenz bietet 4,5 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau. Doch Zweifel sind angebracht

TOKIO taz ■ Transparenz, Effizienz und Verantwortung. Diese drei Schlagworte wurden auf der internationalen Geberkonferenz für den Wiederaufbau Afghanistans in Tokio wohl am meisten gebraucht. Sogar Sadako Ogata, die energische Vorsitzende der Konferenz, betonte diese Prizipien in der abschließenden Pressekonferenz noch einmal ausdrücklich. Dann gab sie die Endsumme der Zusagen in zwei Zahlen mit fast magischer Ausstrahlung bekannt. Für das Jahr 2002 sind von den 60 Geberländern und 21 internationalen Organisationen 1,8 Milliarden US-Dollar versprochen, längerfristig insgesamt 4,5 Milliarden Dollar.

Die Zusagen für dieses erste Jahr sind weitgehend zuverlässig und übertreffen sogar die Erwartungen der Weltbank. Zweifel kommen aber auf, wenn es um die Gesamtsumme geht. Merkwürdig ist nämlich die Tatsache, dass am zweiten Tag unter den Einzelländern nicht Japan, die USA, Deutschland, Großbritannien oder Saudi Arabien als größte Geber erscheinen, sondern Iran. Der Golfstaat wurde in der Rechnung mit einer Zusage von 560 Millionen Dollar über fünf Jahre aufgeführt.

Dieser höchst bemerkenswerte Betrag ist darum so rätselhaft, weil die offizielle iranische Nachrichtenagentur Irna völlig andere Zahlen veröffentlichte. Danach hat Irans Außenminister Kamal Charasi in Tokio nur 120 Millionen Dollar versprochen. Davon sind 100 Millionen Dollar als Kredite für die Aufbauhilfe vorgesehen. Weitere 20 Millionen Dollar werden für humanitäre Hilfe gespendet, die vorwiegend den afghanischen Flüchtlingen im eigenen Lande zu Gute kommen sollen.

Trotz solcher eklatanten Widersprüche in der Berechnung wurde die Konferenz als insgesamt sehr erfolgreich bewertet. „Was auf den dicken Teppichen dieses Luxushotels beschlossen wurde ist das Einfachste. Der harte Brocken kommt nun, wenn das Geld überwiesen und rasch in den effizienten Aufbau des kriegszerstörten Landes fließen soll“, erklärte EU-Außenkommissar Chris Patten zum Abschluss der Konferenz. Vorerst muss noch alles Geld, das in Afghanistan ausgegeben werden soll, bar ins Land gebracht werden. Es gibt kein funktionierendes Banksystem. ANDRÉ KUNZ