Knack und Back-Comedy

Wenn sie mit sicherem Gespür neurotische Frauentypen verkörpert, ist Anke Engelke immer noch am besten: Ihre neues Solo „Ladykracher“ reanimiert die germanische Sketchparade (22.15 Uhr, Sat.1)

von JAN-RÜDIGER VOGLER

Die neue Show von Anke Engelke scheint sich einig: „Ladykracher“ ist wie „Smack the Pony“ oder wie „Sex and the City“ oder war es doch eher wie „Golden Girls“? Egal, auf jeden Fall wie irgend etwas anderes mit Frauen, was irgendwie lustig ist. Die obligatorischen, überall nachzulesenden Vergleiche mit Bekanntem sind bei „Ladykracher“ bemüht und unoriginell.

Denn mit innovativer Serienware aus dem Land der unbegrenzten TV-Formate oder schwarzem britischen Humor hat die neue, zunächst auf 13 Folgen angelegte Reihe wenig zu tun. Und auch die Klassifizierung „Comedy-Show“ ist kaum angebracht. Im Gegenteil: “Ladykracher“ ist eine klassische Sketch-Parade germanischer Prägung. Im Knack-und-Back-Verfahren wird ein „gespielter Witz“ an den anderen gereiht. Wenn den Ankündigungen des Senders Glauben geschenkt werden kann, dann schlüpft die Komödiantin in fulminante 250 Frauenrollen – vom alternativen Blondchen, das „gern mal’n Farbigen, also’n Schwarzen kennen lernen“ möchte, „jetzt gar nicht wegen der Geschichten, die man so hört“, sondern wegen „dem großen Schwanz, näh“, bis zur stöckelnden Boutique-Tusse, die für ein paar Schuhe schon mal eine infantile Schrei-und-heul-Nummer hinlegt.

Diese große Bandbreite ist wichtig, damit die Rohrkrepierer nicht so auffallen. Denn davon gibt es eine ganze Reihe, was aber nicht weiter schlimm ist, weil ja schon der nächste Gag wartet, der einem vielleicht die Tränen in die Augen treibt. Vom herrlichen Klamauk bis zum dämlichen Witz ist alles dabei: nackte Räuber, Polizisten in Stöckelschuhen, tiefgreifende Beziehungsgespräche in der Achterbahn und Gäste, die ganz selbstverständlich mit einer Ohrfeige statt einem Händedruck begrüßt werden. Vieles ist niveaulos, manches voller schrägem Witz.

Nicht die Pointe ist entscheidend, sondern der Vortrag. Anke Engelke tut einfach das, was sie bereits in der „Wochenshow“ auszeichnete, und was sie offensichtlich am besten kann: mit gesundem Einfühlungsvermögen neurotische Frauentypen verkörpern. Sie begnügt sich nicht mit Andeutungen, sondern spielt jeden Charakter gnadenlos aus. Das Lachen des Zuschauers ist dann meist ein Akt der Befreiung, weil das porträtierte Weibsbild einfach zu ungeheuerlich erscheint, um es – auch wenn es einem bekannt vorkommt – ernst nehmen zu können.

Und am besten ist die zweifache Comedy-Preisträgerin, wenn sie zickige, unscheinbare oder verklemmte Typen spielt und zwischen Verlegenheit und trotzigem Mut pendelt. Prollige Mädels gelingen ihr nicht so gut, sind aber für die Mischung wichtig. Mit souveränem Selbstverständnis präsentiert sie die fiesesten Sachen. So zum Beispiel als gutbürgerliche Mama, die einem Versicherungs-Werbespot entsprungen sein könnte, aber ihre kleine Tochter fertig macht, weil diese ihr zum Geburtstag nur „eine selbstgebastelte, verkrüppelte Ente“, schenkt. „Du weißt, dass die Mutti sich die Freisprecheinrichtung gewünscht hat“, hämmert sie dem armen Kind ins Gewissen, ehe sich dieses zur Strafe auf sein Zimmer zu begeben hat.

Die Form der Präsentation ist äußerst angenehm, weil sie auf jedweden Firlefanz verzichtet, der andere Comedy-Shows überfrachtet. Es nervt kein übertrieben brüllendes Publikum, keine ungewollten Gäste, kein peinliches Bühnengehampel. Hier geht es gleich schnörkellos zur Sache: Wenn die „Wochenshow“ wie „ran“ ist, sind die „Ladykracher“ wie die „Sportschau“. Und was Frau Engelke im Vergleich mit ihren alteingesessenen Kollegen auszeichnet, kann man betrachten, wenn man in den Werbepausen zur ARD zappt, wo Herr Hallervorden, der Erfinder des „gespielten Witzes“, zeitgleich sein „Spott-Light“ leuchten läßt.

Das ist dann wie „Nonstop Nonsens“ – oder waren es doch eher „7 Tage – 7 Köpfe“?