Argentinische Dollarisierung gescheitert

Offenbar will die Regierung die Landeswährung Peso um mindestens 25 Prozent abwerten. Dollar-Parität vor dem Fall

BUENOS AIRES taz ■ Ein in Vergessenheit geratener Berufsstand ist zurückgekehrt ins Geschäftszentrum von Buenos Aires: Die „Bäumchen“ genannten Straßengeldwechsler. Da die Banken schon seit Wochen keine Dollars ausgeben, machen die Geldwechsler an der Straßenecke ein gutes Geschäft. Dort kostete am Donnerstag der Dollar zwischen 1,50 und 1,80 Pesos.

Offenbar ein Berufsstand mit Zukunft in Argentinien. Denn nach Informationen des Fernsehsenders Canal 13 plant der neue argentinische Präsident Eduardo Duhalde eine Abwertung des Peso um 35 Prozent, andere Medien sprechen von 25 Prozent. Fest steht aber: Der argentinische Peso wird nach zehn Jahren fester Parität zum Dollar abgewertet. Die Zentralbank hat keine Reserven mehr, wegen des Staatsbankrotts kommen keine Devisen mehr in das Land, als einziger Ausweg bleibt damit die Abwertung.

Geplant ist offenbar, zwei unterschiedliche Wechselkurssysteme einzuführen. Einen festen, also um 35 oder 25 Prozent abgewerteten Kurs für Importe und Exporte. Und einen frei schwankenden Peso für alle weiteren Finanztransaktionen. Möglicherweise wird der Peso mittelfristig an einen Währungskorb aus Dollar, Euro und brasilianischen Real gebunden. Die genauen Pläne wurden erst nach Redaktionsschluß bekannt gegeben und sollen am Wochenende vom Kongress verabschiedet werden.

Mit der Peso-Abwertung will Duhalde die internen Kosten senken und hofft auf diese Weise wieder Investitionen ins Land zu locken, den Exportsektor zu fördern, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Um die privaten Haushalte vor einem finanziellen Fiasko zu bewahren, plant Duhalde, nach Angaben der Tageszeitung Clarín, ihre Dollar-Schulden bis 100.000 Dollar in Pesos umzuwandeln. Andernfalls würde ihre Schuldenlast parallel zur Abwertung steigen. Viele Argentinier, die sich eine Wohnung oder ein Auto gekauft haben, sind in Dollar verschuldet, da die Kreditzinsen niedriger waren.

Die argentinischen Banken freilich sehen nicht ein, dass die Schulden der privaten Haushalte in Pesos umgerechnet und die Dollar-Festgeldkonten in Dollar ausgezahlt werden sollen. „Diese Operation würde mehr Geld kosten als im Finanzsystem ist, wir verlassen Argentinien dann“, klagt ein Banker.

In der Bevölkerung macht sich indes weitere Unsicherheit breit, die Erinnerungen an die Hyperinflation von 1989 werden wieder lebendig. Denn nach diesem Wochenende werden die Pesos, die die Argentinier verdienen, weniger wert sein. Schon jetzt ist allgemein ein Preisanstieg zu beobachten. In Buenos Aires rechnen viele Geschäfte bereits in Dollar und haben die Preise für Importprodukte angehoben. Pharmakonzerne beliefern Apotheken nicht mehr mit Medikamenten. Sie fürchten um ihre Dollargewinne. INGO MALCHER