Zündeln aus Frust, Lust und Langeweile

Die Hälfte der Buschfeuer ist hausgemacht: Australiens Justiz jagt bereits die Täter – und beschließt harte Strafen für jugendliche Brandstifter

SYDNEY taz ■ Die Buschfeuergefahr um Sydney ist noch nicht gebannt. Aber die Behörden haben es eilig, die Ursachen dieser Katastrophe, der etwa 200 Häuser und 300.000 Hektar Land zum Opfer gefallen sind, festzustellen. Am Donnerstag hat zwischen den Ruinen der Coroner, Richter John Abernathy, mit den amtlichen Untersuchungen begonnen. Dies ist besonders dringlich, weil die meisten der etwa hundert Feuer nach Feststellungen der Polizei von Brandstiftern gelegt wurden. Die Spuren der Feuerleger sind also noch frisch.

Die Regierung hat ein Sonderdezernat eingerichtet, das nach den Brandstiftern fahnden soll. 21 sind bisher festgenommen worden. 14 von ihnen sind Jugendliche, der jüngste neun Jahre alt, 7 sind Erwachsene. Was mag Menschen motivieren, Feuer zu legen und ihre Mitbürger und deren Hab und Gut zu gefährden?

Die angesehensten Psychologen und Psychiater des Landes versuchen jetzt ein Porträt der möglichen Täter zu erstellen. Denn auffällig viele Australier scheinen vom Feuer fasziniert zu sein. Die gefährlichen, zerstörerischen Buschfeuer ziehen stets Scharen von schaulustigen Autofahrern aus der Stadt an, die sich vom Anblick des Furcht erregenden Feuers ein „angenehmes Erschauern“ erhoffen. Sie behindern damit die Löscharbeiten und müssen von der Polizei verjagt werden.

Auch die von den Regierungen der Bundesstaaten großzügig finanzierten Feuerwerke an Feiertagen ziehen Scharen von Schaulustigen an. Selbst am letzten Neujahrstag, als Sydney schon im Norden, Westen und Süden von Feuerfronten umzingelt war – und der Rauch nicht nur Umleitungen des Flugverkehrs erzwang, sondern auch die Kehlen der Einwohner reizte – konnte die Regierung in Sydney nicht widerstehen und verballerte über dem Hafen mehr als drei Millionen Dollar an Raketen. Obwohl Berater dies angesichts der Buschfeuerkrise als unangebracht kritisiert und eine Verwendung des Geldes für Hilfsmaßnahmen zu Gunsten der Brandopfer angeregt hatten.

Die jüngsten Buschfeuer haben in Australien die Diskussion über Brandstiftungen und ihre Motivationen wieder belebt. Vor allem, was die Brände in der Natur anbelangt. Heute noch schüttelt man den Kopf über den einige Jahre zurückliegenden Fall eines gelangweilten Feuerwehrmannes, der gern als Held anerkannt werden wollte und deshalb selbst die Waldbrände legte, bei denen er sich hervortun konnte. Er erregte Verdacht, weil er seine Brände zu häufig selbst „entdeckte“. Oft handelt es sich in Australien bei Brandlegungen in Fabriken oder Schulen um einen Ausdruck der Rache, um Auflehnung gegen die Autorität – oder schlichten Versicherungsbetrug.

Brandstiftungen werden häufig auch aus einem Verlangen nach Machtgefühl begangen. Australische Psychiater erklären auch, die Bandstiftungen bei Buschfeuern seien oft mit dem „angenehmen Schauer“ sexueller Befriedigung verbunden. Gewisse Beweise dafür seien oft an den Brandstellen gefunden worden. Und dann gebe es noch die Pyromanen – deren krankhafter Trieb, Brände zu legen, könne nur mit medizinischer Behandlung bekämpft werden, so einer der anerkannten Psychiater des Landes. Auch die Frage der Bestrafung von Brandstiftern ist wieder in der öffentlichen Debatte.

Die Höchststrafe ist derzeit 14 Jahre Gefängnis für Erwachsene. Jugendliche, die nicht der Erwachsenen-Gerichtsbarkeit unterstehen, kommen gewöhnlich mit einer richterlichen Verwarnung davon und werden dann nach Hause geschickt. Dass dies auch jetzt in einigen Fällen der Buschfeuer-Brandstiftungen geschehen ist, hat öffentliche Empörung ausgelöst. Die Staatsregierung in Sydney bereitet jetzt ein Gesetz zur Verschärfung der Strafen vor. Auch die jugendlichen Brandstifter würden in Zukunft voll zur Verantwortung gezogen werden, versicherte Labor-Ministerpräsident Bob Carr seinen aufgebrachten Bürgern: „Wir werden ihre Nasen in die Asche der abgebrannten Häuser stecken und sie an den Aufräumarbeiten beteiligen.“ BORIS B. BEHRSING