Pünktliche Vorwürfe gegen CSU

Ein Zufall? Pünktlich zum neuen Jahr wird die Partei des potenziellen Kanzlerkandidaten Stoiber mit einer Spendenaffäre belastet. Der „Stern“ spricht von sechs Millionen Mark, die der Staat aufgrund falscher Quittungen an die CSU überwies

aus Berlin SEVERIN WEILAND

Es soll ein Geschäft auf Gegenseitigkeit gewesen sein. Wer etwa das CSU-Blatt Bayernkurier oder den parteieigenen Nachrichtendienst Münchener Brief im Wert von 6.000 Mark abonnierte, erhielt von der CSU eine Spendenquittung. Die Hälfte des Betrages kassierte der Werber – ohne Wissen des Spenders. Der wiederum setzte die ausgegebene Summe beim Finanzamt ab – so konnte er immerhin seine Steuerschuld um 3.000 Mark verringern.

Die CSU war der lachende Dritte in diesem Geschäft: Sie gab beim Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD), bei dem die Parteien ihre Rechenschaftsberichte abgeben müssen, eine Spende von 6.000 Mark an. Die Folge: Die CSU erhielt aus dem Geldsäckel des Bundes einen Zuschuss von 3.000 Mark. Mit diesem Trick, so die Hamburger Illustrierte Stern in ihrer neuesten Ausgabe, soll die CSU jahrelang verfahren sein. Insgesamt habe sich die Partei von 1994 bis Ende 1999 rund sechs Millionen Mark (3,07 Millionen Euro) an staatlichen Spendenzuschüssen erschlichen. Die CSU wies gestern den Bericht des Stern zurück. Er entbehre jeder Grundlage, so Generalsekretär Thomas Goppel.

Nach Darstellung des Stern muss die CSU die Summe möglicherweise zurückzahlen und gegebenfalls auch mit einem Strafgeld rechnen. Zumindest dann, wenn Thierse nach der Prüfung zum selben Ergebnis kommt wie die vom Stern zitierten Steuerrechtler. Ihren Angaben zufolge waren die Spenden-Abonnements im eigentlichen Sinne keine Spenden. Der Verlag Bayernkurier sei ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, an den steuerbegünstigte Spenden nicht möglich seien. In ihrem Rechenschaftsbericht hätte die CSU die Einnahmen aus dem Spendengeschäft als „Erlöse aus dem Verkauf von Druckschriften“ aufführen müssen – was laut Stern nicht geschah. Möglicherweise hat die CSU durch ihre Praxis die Spender in Unannehmlichkeiten gebracht: Ihre ungültigen Spendenquittungen könnten vom Finanzamt als Steuerhinterziehung gewertet werden. Auch die mit dem Geschäftsgebaren betrauten CSU-Funktionäre dürften ins Visier der Justiz geraten: wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, so die Illustrierte.

Schwere Vorwürfe erhebt im Stern auch der Parteienrechtler, Professor Martin Morlok, ein Berater von Thierse. Die unkorrekten Spendenquittungen stellten eine Täuschung des Bundestagspräsidenten sowie „zweifellos einen Betrug vonseiten der Parteiverantwortlichen gegenüber dem Fiskus beziehungsweise zu Lasten der anderen Parteien dar“.

Die CSU war durch die Recherchen des Stern offensichtlich vorgewarnt. Schließlich hatte die Illustrierte beim Generalsekretär Thomas Goppel offenbar nach den Gründen für das abrupte Ende des Geschäfts nachgefragt. Die CSU soll den Werbern mit rund einer halben Million Abfindung den Ausstieg versüßt haben. Man habe die Provisionen von 50 Prozent einer Spende für die Werber für „unvertretbar“ gehalten, so Goppel im Stern.