Alter Streit um Neuengamme

■ Rechtssenat wollte würdige Gestaltung der KZ-Gedenkstätte unterlassen und steckte seine erste politische Klatsche ein

Nach jahrzehntelangem Kampf sollte 2001 das Jahr werden, in dem der Ausbau der KZ-Gedenkstätte Neuengamme besiegelt wird. Die Bürgerschaft beschloss am 5. September einstimmig, das Gefängnis vom Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers fortzuverlegen und aus dem historischen einen würdigen Ort des Gedenkens zu machen. Die Organisation der KZ-Überlebenden „Amicale“ teilte ihren Verbänden weltweit die frohe Botschaft mit.

Drei Wochen später gewann Schwarz-Schill die Bürgerschaftswahl – und CDU, Schill und FDP warfen die Umgestaltungspläne wieder über Bord. Das Argument: In Hamburg seien Haftplätze rar und es finanziell nicht vertretbar, die funktionsfähige Anstalt in Neuengamme aufzugeben. „Wir sind uns des Diffamierungspotenzials dieser Entscheidung bewusst“, sagte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) selbstmitleidig.

Die Reaktionen hatte er dennoch unterschätzt. Bundesweit regte sich Protest. Der Rechtssenat sah sich über Wochen mit dem Vorwurf konfrontiert, das Andenken an die NS-Opfer zu beleidigen und das Wort der Stadt gegenüber den rund 1.000 noch lebenden ehemaligen KZ-Häftlingen gebrochen zu haben. Der Senat ruderte zurück: Er würde nichts ohne die Zustimmung der Opferverbände unternehmen, beschwichtigte Justizsenator Roger Kusch (CDU) und kündigte ein Treffen mit diesen an. Das wurde für den 21. November verabredet.

Da präsentierte Kusch der „Amicale“ eine ganz neue Idee: Nicht die Pläne zur Umgestaltung der Gedenkstätte, sondern die für den Knastneubau in Billwerder sollten überarbeitet werden. Dafür bat er um die Zustimmung, die Fortverlegung der Neuengamme-Häftlinge verzögern zu dürfen. Die steht bis heute aus. Elke Spanner