unterm strich
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Da sitzen wir nun in den angenehm ruhigen, weil durchaus verwaisten Redaktionsräumen und überlegen: Was schreiben wir an diesem letzten Sonntag des Jahres 2001 in diese sechs Spalten, die ja sonst genau den Kulturnachrichten vorbehalten sind, die es nicht ganz auf unsere leider nur wenigen Kulturseiten geschafft haben? Noch einmal melden, was die Ticker hergeben? Oder das Kulturleben da draußen einfach mal ignorieren und einen Jahresrückblick anfertigen? Oder besser noch: Charts! Listen! Der beste Kinofilm, das beste Buch, die beste Musik 2001! Geschenktipps, wie die anderen auch? Oder beides, da wir ja keine Nachrichten unterschlagen und eine Vollzeitung sein wollen? Beides!

Hier also die Nachrichten: Rilkes Todestag jährte sich am Samstag zum 75. Mal. Der Paderborner Weihbischof wird künftiger Bischof von Trier und verlässt seine westfälische Heimat „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Die Wartburg ist einige Jahre älter als bisher angenommen, erste Steine nämlich wurden 1156 statt 1168 gelegt. Der zu Weltruhm gelangte deutsche Dirigent Günter Wand hat in seinem Haus im Berner Oberland wenige Wochen vor seinem 90. Geburtstag einen Oberarmbruch erlitten. Der älteste aktive Orchesterdirigent der Welt, Takashi Asahina, ist am Samstag in der japanischen Stadt Kobe gestorben. Ute Lemper hat Marlene Dietrich im Friedrichstadtpalast gespielt anlässlich deren 100. Geburtstag. Noch mehr Ute Lemper, noch mehr Marlene Dietrich. Der amerikanische Dirigent Kent Nagano sieht den Streit um seine Vertragsverlängerung in Berlin als beendet an. Der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Jan Kott ist tot. Viele Ingenieurstudenten sind nach Ansicht eines Experten schlecht im Mathematik.

So viel zur Welt da draußen. Nun zu uns, die wir leider nur zu zweit sind und demnach nicht hundertprozentig repräsentativ für die Kulturredaktion (fünfeinhalb Kollegen sind abwesend). Aber immerhin. Also, die beiden Alben des Jahres der taz-Kulturredaktion: Stereo Totals „Musique automatique“ (ja, wir supporten gern unsere lokalen Heroen) und Jan Delays „Searching For The Jan Soul Rebels“. Die beiden Singles: „Can’t Get Out Of My Head“ von Kylie Minogue und „Kuzu, Kuzu“ von Tarkan. Die beiden Filme: „Amores Perros“ von Alejandro González Iñárritu und „Die fabelhafte Welt der Amelie“ von Jean-Pierre Jeunet. Und die Bücher: „Zähne zeigen“ von Zadie Smith und „Der Fall Arbogast“ von Thomas Hettche. Vor allem die Kollegen von Kunst und Theater mögen uns verzeihen – zu mehr Charts fühlten wir uns nicht sachverständig genug. BAX/GBA