DIE LEUNA-SPENDENAFFÄRE IST FÜR DIE CDU NOCH NICHT VORBEI
: Viele Anhaltspunkte, viele Fragen

Es gibt Weihnachtsgeschenke, über die man sich freut, bevor man sie näher begutachtet hat. Wenige Tage vor dem Fest hat die Generalbundesanwaltschaft festgestellt, dass sie in der Leuna-Affäre keine Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Zahlungen an deutsche Politiker erkennen kann. Das wurde, etwas voreilig, in der Öffentlichkeit als Entlastung des Exkanzlers gewertet. Doch darf Helmut Kohl frohlocken? Der Generalbundesanwalt hat in seiner Erklärung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seine Prüfung lediglich auf die Akten der Schweizer Behörden stützt.

Noch steht aus, was die Ermittlungen in Frankreich und in Liechtenstein gegen Exmanager des Ölkonzerns Elf-Aquitaine und ihren deutschen Geschäftsfreund Dieter Holzer ergeben. Solange keine Ergebnisse vorliegen, kann auch die CDU nicht aufatmen. Dafür ist der Verkauf der ostdeutschen Leuna-Werke an den französischen Konzern ein viel zu komplexes Verwirrspiel. Schon dass Akten aus dem Kanzleramt weiterhin verschwunden sind, nährt den Verdacht auf Verschleierung.

Leuna bleibt also ein spannender Fall, vielleicht nie wirklich aufzuklären. Wer hat hier wen benutzt, wer wen betrogen, wer wo ein Auge billigend zugedrückt? Riesige Summen flossen, so viel steht fest, und sie flossen scheinbar wirtschaftlich sinnlos: 80 Millionen Mark allein ließ Elf als „Kommissionen“ über Holzers Schweizer Konten verteilen. Zwischen Stiftungen, Briefkastenfirmen und Offshore-Unternehmen wurden zudem bis 1999 Millionen hin und her geschoben. Wer zog hier den größtmöglichen Nutzen? Bedienten sich Holzer, der flüchtige Exstaatssekretär Holger Pfahls und französische Geschäftsleute untereinander? Dienen die Behauptungen der französischen Elf-Manager, Gelder seien auch an die CDU gezahlt worden, am Ende nur dem eigenen Schutz?

Selbst wenn man den rot-grünen Abgeordneten im Untersuchungsausschuss unterstellt, dass sie politischen Gewinn aus der Spendenaffäre ziehen wollen: Die Zeit für einen Schlussstrich ist noch lange nicht gekommen. Auch wenn sich manche das erhoffen. SEVERIN WEILAND