Vom Bunker direkt ans Büffet

■ Henning Scherf eröffnet ZeitRaum Packhaus im Schnoor / Per Visor Bremer Geschichte schnuppern

„Alle Mann an Deck! Schiff klar zum Gefecht!“ Die Schlacht ist kurz und heftig, aber erfolgreich: Ein feindliches Schiff versenkt, das andere nach Konstantinopel verschickt... „Sie sind ein mutiger Pirat“ hört man aus dem Off.

Im Packhaus lässt sich per modernster Technik, der so genannten Visor-Brille, die Geschichte Bremens live nacherleben – interaktiv und direkt vorm Auge des Betrachters. Drei Stockwerke des alten Lagerhauses zeigen Stadtgeschichte von 1600 bis 1960. Ein Armenhaus zur Zeit der großen Pest lässt sich ebenso bewundern wie der detailverliebte Nachbau eines alten Frachtschiffes.

Mächtig aufgefahren und die Werbetrommel gerührt wurde deshalb gestern im Untergeschoss des ehemaligen Lagerhauses. Henning Scherf ist sicher, das Ergebnis der seit 1985 andauernden Arbeiten sei eine große Bereicherung für Bremen. Hauptsächlich Touristen hat man als Zielgruppe wohl im Auge. Scherf vor den rund 100 Geladenen: „Wir wollen, dass die Süddeutschen und die aus dem Ruhrgebiet mit Bussen angefahren kommen“.

Ein Ort der Identifikation mit Bremens Geschichte sollte hier geschaffen werden. Man habe die Vergangenheit nicht belehrend darstellen wollen, sondern dokumentarisch und historisch korrekt, so Marianne Grewe-Wacker vom Senat für Wirtschaft und Häfen.

Doch bedürfen manche Ereignisse bisweilen kritischer Beleuchtung, wie die ausgestellte Vergangenheit Bremens um 1933 zeigt. Propaganda- und Hetzplakate hängen da fast undokumentiert herum. Entsprechend unkritisch zwei Besucher im „Bunkernachbau“. Unter Lichtflackern, Bombengeräusch und Babygeschrei von draußen eine Stimme: „Schatz, wollen wir zum Büffet?“.„Ja, gleich. Ich bin eben noch im Bunker.“ Eine Minute später steht die Dame auf und sagt: „Ach ja, das war schlimm, aber so war es nun mal.“

Roland Rödermund