Berlin wird Euroland

Seit gestern gibt es den Euro. Doch obwohl einige Banken und Sparkassen schnell keine „Starter Kits“ mehr hatten, blieb der ganz große Ansturm aus

von SUSANNE AMANN

Der normale Eingang zur Sparkasse ist heute versperrt. Ein Mitarbeiter der Bank zeigt auf die Schilder neben ihm, die den Weg zum nächsten Eingang weisen. Mit neongelbem Stift steht dort auf ein Papier gemalt: „Zum Euro“. Ein Rentner schimpft vor sich hin, „typisch deutsche Bürokratie, jetzt muss man erst wieder ewig laufen, nur um den Euro zu kriegen“. Andere haben ihn schon, werfen aber nur einen flüchtigen Blick auf die kleine Plastiktüte mit den neuen Münzen. Dann werden diese achtlos in die Taschen gesteckt.

Euphorie? Gespannte Vorfreude? Endlich neugierig die ersten Euromünzen in den Händen halten? Bei der Sparkasse am Alexanderplatz war davon gestern Morgen nicht viel zu spüren. Dabei war alles vorbereitet: Bankangestellte wiesen die Wartenden in die richtige Reihe, an einem Stehpult tauschten gleich drei Mitarbeiter alte 20-Mark-Scheine gegen die sogenannten Starter Kits mit 10 Euro und 23 Cent. Doch wer die Bilder der Währungsumstellung von 1990 im Kopf hatte, der wurde enttäuscht: keine langen Schlangen, keine drängelnden Massen, eher gelassenes Warten. „Das Interesse war verhalten, dafür aber kontinuierlich“, bestätigt Katja Damm, Sprecherin der Sparkassen Berlin. Trotz des langsamen Anfangs waren am Nachmittag sämtliche der 700.000 Starter Kits von Berliner Bank und Sparkassen ausverkauft.

Dirk Franke hat sich mit Tochter Nicole bei der Sparkasse am Alex noch rechtzeitig ein Starter Kit geholt, auch wenn er sich eigentlich nicht auf den Euro freut. „Ich habe arge Bedenken, ob sich die wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede durch eine Einheitswährung ausgleichen lassen“, sagt er. Dass er als Ostberliner vielleicht weniger Probleme bei der Umstellung auf die neue Währung haben wird, weil es 1990 für ihn schon mal neues Geld gab, glaubt er nicht. „Die meisten Problem werden die älteren Menschen haben, die sich vielleicht nicht an das neue Geld gewöhnen können.“ Tochter Nicole trauert der Mark nicht nach, schließlich ist „der Euro doch auch Geld“.

Bei der Deutschen-Bank-Filiale Unter den Linden hatten Bianca Terme und Kathi Völtner, die bis zum Mittag etwa 1.200 der kleinen Plastikbeutel mit den Euro-Münzen direkt im Eingang verkauften, einen eher ruhigen Tag. Mehr Andrang gab es dagegen in den Filialen am Wittenbergplatz und am Ku’damm, hier mussten Kunden bis zu 20 Minuten warten.

Neben dem echten Euro konnten sich die Berliner gestern im Roten Rathaus auch noch Euro-Nudeln und Schokoladen-Euros schmecken lassen. Zu Verwechslungen kam es nicht, zu ersten Urteilen schon: „Die sind relativ schwer, dafür finde ich aber die Farbe ganz erfrischend“, befand der 19-jährige Fabian Schellhorn nach einem ersten Blick.