Pleite am La Plata

Auslandskredite für Argentinien werden eingefroren. Regierung greift jetzt sogar in private Rentenkassen

San Salvador taz ■ Jetzt geht es in Argentinien Schlag auf Schlag. Am Mittwoch hatte der Internationale Währungsfonds einen dringend benötigten Kredit über 1,3 Milliarden Dollar vorläufig eingefroren. Am Donnerstag zogen die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank nach und sperrten die Auszahlung weiterer Kredite über 1,1 Milliarden Dollar. Es sieht so aus, als wollten die internationalen Finanzorganisationen den Staatsbankrott nicht mehr hinauszögern, sondern so schnell wie möglich abwickeln. Der argentinische Staat sitzt auf einem Schuldenberg von 132 Milliarden Dollar und hat wegen einer seit gut drei Jahren anhaltenden Rezession kein Geld mehr, um die Zinsen zu bezahlen. Noch im Dezember werden zwei Milliarden Dollar fällig. Die wollte Argentinien eigentlich mit den jetzt eingefrorenen Krediten bezahlen. Denn die Regierung unter Präsident Fernando de la Rúa hat nicht einmal mehr Geld für die längst gekürzten Staatsgehälter und Renten. Um Staatsbedienstete und Rentner trotzdem bezahlen zu können, griff de la Rúa am Donnerstag kurzerhand in die Fonds der privaten Rentenkassen, die in der staatlichen Nationalbank lagern. Persönliche private Rentenkonten waren den Argentiniern einst mit dem Argument schmackhaft gemacht worden, sie seien viel sicherer als die vorher übliche staatliche Rentenversicherung. Doch in der Krise gibt es keine Tabus mehr. Die verzweifelte Regierung griff zu, als handle es sich um staatliche Fonds. Wann und wie sie den Versicherten ihr Geld ersetzen kann, weiß im Augenblick niemand. Finanzminister Domingo Cavallo flog am Donnerstag nach Washington, um dort vor den Zuständigen der internationalen Finanzorganisationen ein letztes Mal Kniefälle zu üben. Tags zuvor hatte er schon offen gedroht: Wenn kein frisches Geld nach Argentinien fließt, wird der Schuldendienst einfach eingestellt. Der historisch größte Fall einer Zahlungsunfähigkeit wäre dann eingetreten. TONI KEPPELER