Brüllen vor Lachen

Kerniger Naturbursche, ewiger Sonnyboy: Hardy Krüger las aus seinem neuen Buch

Es fängt an wie in der Schule. Der Lehrer steht vorn und fragt: „Wer hat alles Eintrittskarten?“ Die Kinder, die meisten schon zwischen 50 und 60 Jahre alt, heben artig die Hand und winken mit ihren grünen Zetteln. Und weil das so lustig ist, lachen alle. Und die, die keine Karten haben, denken sich, jetzt mache ich mir mal den Spaß und melde mich nicht, merkt ja niemand. Und natürlich bezahlen sie nachträglich. Man bescheißt schließlich nicht Herrn Kiepert. Vor allem bescheißt man nicht Hardy Krüger.

Der Verkaufsraum bei Kiepert am Ernst-Reuter-Platz ist mit etwa 150 Personen ziemlich voll. Unter schallendem Applaus betritt Hardy Krüger die improvisierte Lesebühne. Die Weihnachtsgirlanden am Geländer der Empore im ersten Stock wackeln. Es kann losgehen. Hardy Krüger, der kernige Naturbursche und ewige Sonnyboy, der Mann aus dem kolonialen Schinken „Liane – das Mädchen aus dem Urwald“ und „Hatari!“, Hardy Krüger, der irgendwann seinen Safarihelm abgelegt, seine Farm in Afrika verlassen und es dann zum „Weltenbummler“ und Geschichtenerzähler gebracht hat, sagt: „Ich freue mich, heute hier zu sein. Und ich meine es wirklich so.“ Ist ein ehrlicher Typ geblieben, der Hardy, denken wir beeindruckt. Seine hellblonden Heldenhaare aus „Der Flug der Phoenix“ sind schon lange hellgrau. Gesund sieht er aus, mit seinen 73 Jahren. Sein Gesicht allerdings ist etwas gerötet. Irgendwie wie ein Seemann aus Hamburg. Dabei stammt er aus dem Wedding. „Es darf auch gelacht werden“, sagt er und richtet sein Mikrofon. Hardy Krügers neuer Erzählband heißt „Szenen eines Clowns“.

Hardy Krügers Stimme klingt beeindruckend, tief, natürlich und ehrlich. Vorlesen kann er prima. Einige sitzen nach vorne gebeugt da, die Augen geschlossen und eine Hand an der tief konzentrierten Stirn. Hardy Krüger ist ein Kavalier alter Schule. In seinen Geschichten schwärmt er für schöne Frauen mit langen Haaren. Aber er kann auch frivol sein. Einmal sagt er sogar „Arsch“, und weil das wieder lustig ist, brüllen die Leute.

Später im Text muss er einem Schwarzen in Afrika dann erklären, warum in Berlin eine Mauer steht. War eine schlimme Zeit für die armen Leute in der DDR, erzählt er. Sehr pathetisch, kommt aber gut an. Mit einem Augenzwinkern berichtet er Anekdoten von internationalem Rang. Er erzählt von James Steward, den seine Freunde nur Jim nannten, oder von Yul Brunner, der ihm mal erklärte, dass sie als Schauspieler den sichersten Job der Welt hätten. Notfalls könne man immer noch am Straßenrand sitzen und Geschichten erzählen.

Wie jetzt, denken wir. Ist trozdem ein netter Abend, weil Hardy Krüger viele Dialoge vorliest und so gut Dialekte nachmachen kann. Außerdem lacht er dabei selbst immer so schön. Und das ist schließlich die höchste Auszeichnung für ein Publikum. Hardy Krüger fühlt sich wohl bei uns. JÖRG PETRASCH