Hilfswerke fordern militärischen Schutz

Lokale Kriegsführer verhindern in Afghanistan die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Nahrungsmitteln

BERLIN/LONDON epd/afp/dpa/ ■ Deutsche und britische Hilfsorganisationen haben sich für die schnelle Entsendung von Bodentruppen nach Afghanistan ausgesprochen, um so die Versorgung der Bevölkerung zu garantieren. Die „Blauhelme“ sollten eine Zersplitterung des Landes in konkurrierende örtliche Gruppen verhindern, sagte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Volker Hausmann, gestern in Berlin. Zur Begründung verwies Hausmann auf Gefährdungen für Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, die aus dem derzeitigen Machtvakuum in verschiedenen Provinzen herrührten. An einigen Orten seien Büros von Hilfswerken geplündert worden. Sämtliche Telefonverbindungen aus der Stadt Dschalalabad seien gekappt worden. Warlords hätten die Stadt untereinander aufgeteilt. Auch terre-des-hommes-Geschäftsführer Peter Mucke befürwortete einen Einsatz von UN-“Blauhelmen“ in Afghanistan.

Auch die britische Hilfsorganisation Oxfam fordert einen von der UNO autorisierten Einsatz von Truppen. „Warlords und Banditen verhindern, dass Nahrungsmittel in Gebiete gelangen, wo sie am meisten benötigt werden“, heißt es in einer Erklärung der Organisation. Eine Woche nach der Einnahme Kabuls durch die Nordallianz hätte sich die Sicherheitslage in einigen Gegenden zwar verbessert, in anderen jedoch nicht.

Im Streit um die Stationierung britischer Soldaten zur Absicherung humanitärer Hilfe signalisierte die Nordallianz gestern der britischen Regierung Entgegenkommen. Bei einem Gespräch des britischen Außenministers Jack Straw mit Nordallianz-“Außenminister“ Abdullah Abdullah in der iranischen Hauptstadt Teheran habe Abdullah erklärt, die Nordallianz werde die britische Position „prüfen“, sagte ein britischer Diplomat. Am Mittwoch hatten der britische Guardian berichtet, die britische Regierung erwäge, keine weiteren Truppen nach Afghanistan zu entsenden und die dort im Einsatz befindlichen Sondereinheiten wieder abzuziehen. Den Zeitungen The Times und The Independent zufolge wolle die US-Regierung vor allem die Suche nach dem mutmaßlichen Terroristenführer Ussama Bin Laden und Talibanführernvorantreiben, während London einen „humanitären Schwerpunkt“ des Militäreinsatzes anstrebe. Neben den bereits bei Kabul stationierten Eliteeinheiten stehen 6000 weitere britische Soldaten auf Abruf bereit. Auch rund 5.000 französische Soldaten warten derzeit auf einen Einsatzbefehl.

Nach Berichten des iranischen Rundfunks sind in Afghanistan erneut drei ausländische Journalisten getötet worden. Die Reporter seien am Mittwochnachmittag auf der Straße zwischen Dschalalabad und Kabul getötet worden, berichtete gestern der staatliche iranische Rundfunk. Die Nordallianz habe den Vorfall bestätigt, über die Identität der Opfer und der Täter sei jedoch nichts bekannt. Bestätigen sich die Angaben, würde sich die Zahl der jüngst in Afghanistan getöteten ausländischen Journalisten auf zehn erhöhen. Erst am Montag waren vier Reporter auf der Straße zwischen Dschalalabad und Kabul getötet worden. EC