Bin Laden bereitet sich auf den Tod vor

Saudische Zeitung berichtet über Anweisungen an seine Anhänger. Pentagon erwägt Entsendung regulärer Truppen

RIAD/KABUL/WASHINGTON afp/rtr/dpa/taz ■ Ussama Bin Laden will sich angeblich im Fall einer drohenden Gefangennahme durch US-Einheiten zuvor töten lassen. Der Al-Qaida-Chef habe seinen engsten Mitarbeiter gesagt, dass seine Tage gezählt seien, berichtete die saudi-arabische Tageszeitung Al Watan gestern unter Berufung auf „sehr gut informierte“ europäische und US-Diplomaten. Bin Laden wolle nicht von Amerikanern oder Mitgliedern der afghanischen Nordallianz getötet oder gefangen genommen werden. Daher habe er seine Getreuen, „die bis zur letzten Minute bei ihm bleiben werden“, angewiesen, ihn zu erschießen, wenn er von US-Truppen oder Kämpfern der Nordallianz eingekreist werden sollte.

Laut dem Bericht hat Bin Laden außerdem sein politisches Testament auf Video aufgenommen. Darin fordere er seine Anhänger auf, die Anschläge gegen die USA nach seinem Tode fortzusetzen. Die USA hätten diese Informationen über Bin Laden in den vergangenen Tagen von übergelaufenen Militärs und Geheimdienstleuten der Taliban erhalten, heißt es.

Laut Al Watan wechselt Bin Laden seit dem Fall der Stadt Masar-i Scharif nur noch in Begleitung seiner engsten Getreuen und Angehörigen das Versteck. Früher sei er stets mit einem Gefolge von 200 Getreuen umhergezogen. Jetzt fühle er sich nicht mehr sicher und setze daher stärker auf Geheimhaltung. Derzeit halte er sich in den Bergen nahe Kandahar auf, will die Zeitung wissen. In dem Gebirge habe er zahlreiche Verstecke, in denen er sich monatelang verborgen halten könne. Ein Taliban-Sprecher sagte gestern, es bestehe kein Kontakt mehr zu Bin Laden. Britische Zeitungen hatten am letzten Wochenende spekuliert, dass die Allierten das Versteck Bin Ladens bis auf 76 Quadratkilometer eingeschränkt hätten.

Unterdessen traf der Oberkommandierende der in Afghanistan eingesetzten US-Truppen, General Tommy Franks, nach eigenen Angaben in der Nähe Kabuls mit Führern der Nordallianz zusammen. Bei seinen Gesprächen in Bagram war Franks nach eigenen Angaben auch mit Vertretern „anderer Gruppen“ zusammengekommen, die nicht direkt mit der Nordallianz verbunden sind. „Wir werden mit jedem zusammenarbeiten, der hilft, Afghanistan vor den Terroristen zu retten“, sagte Franks.

Nach Angaben von Franks erwägen die USA die baldige Entsendung regulärer Bodentruppen nach Afghanistan zusätzlich zu den bereits dort operierenden Sondereinsatzkräften. Wenn nötig, werde „die eine oder andere“ Armee-Einheit am Boden zum Einsatz kommen, sagte Franks gestern in Taschkent. Das Pentagon hatte zuvor mitgeteilt, derzeit seien 2.300 Elitesoldaten der US Marines einsatzbereit. Die Truppen warten auf Kriegsschiffen im Indischen Ozean auf weitere Befehle, weitere 2.000 US-Soldaten sind in Usbekistan stationiert.

Über den bisherigen Verlauf des Militäreinsatzes gegen die Taliban äußerte sich Franks zufrieden. „In den vergangenen zehn Tagen wurden erhebliche Fortschritte gemacht“, sagte der US-Befehlshaber. EC