Ultimatum in Kundus

Taliban verhandeln mit Nordallianz über Kapitulation. Rumsfeld: Wir machen keine Gefangenen

KABUL/WASHINGTON taz/rtr/ap ■ Die Nordallianz hat angekündigt, die nordostafghanischen Stadt Kundus in drei Tage zu erstürmen, sollten die Taliban-Kämpfer in der Stadt bis dahin nicht zur Aufgabe bereit sein. Kundus wird seit Tagen von Kämpfern der Nordallianz belagert und von der US-Luftwaffe bombardiert. Der usbekischstämmige Warlord und Machthaber von Masar-i Scharif, Abdul Raschid Dostum, sagte gestern, er erwarte zwei Kommandeure der Taliban, um über die Bedingungen der Kapitulation zu verhandeln. Den Taliban-Kämpfern in Kundus solle eine Amnestie gewährt werden. Davon ausgenommen werden sollten jedoch ausländische Kämpfer in der Stadt, sagte Dostum weiter.

Nach Angaben eines Nordallianz-Sprechers verlangen einige der in Kundus eingeschlossenen Kämpfer freies Geleit in die Vereinigten Arabischen Emirate oder nach Kandahar im Süden Afghanistans. Die US-Regierung sprach sich gegen eine Verhandlungslösung aus, die den ausländischen Kämpfer in der Stadt die Ausreise erlauben würde. Rumsfeld sagte, er werde alles unternehmen, um zu verhindern, dass die eingeschlossenen Taliban Afghanistan verlassen dürfen. „Meine Hoffnung ist, dass sie entweder verhaftet oder getötet werden“, sagte Rumsfeld weiter. Dies sei aber eine Sache zwischen der Nordallianz und der Taliban. Die US-Streitkräfte seien nur mit wenigen Soldaten am Boden. „Wir sind nicht darauf eingestellt, dass sich Leute uns gegenüber ergeben. Wenn es einige doch tun, lehnen wir dies ab“, sagte der Verteidigungsminister weiter – ohne zu erläutern, was mit den gegnerischen Kämpfern geschieht.

Die Taliban-Hochburg Kandahar im Süden des Landes wird weiter von den Taliban kontrolliert. Am Montagabend und Dienstagmorgen war die Stadt wieder Ziel von US-Luftangriffen. Rumsfeld sagte, die Taliban stünden in Kandahar unter Druck, derzeit gebe es jedoch keine Bewegung. In der Stadt soll sich auch der Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar aufhalten. Rumsfeld sagte, die USA wollten verhindern, dass sich Omar aus der Stadt entferne.

Die US-Regierung will die Suche nach Ussama Bin Laden opffenbar verstärken. Nach einem Bericht der Zeitung USA Today bereiten sich 1.600 Marine-Infanteristen auf eine Kampfeinsatz in Afghanistan vor. Die Soldaten könnten dem Bericht zufolge noch in dieser Woche zum Einsatz kommen und die bereits im Land operierenden Spezialeinheiten verstärken. Diese wären damit beauftragt, Brücken zu sprengen, Straßenblockaden zu errichten und die Grenzen zu kontrollieren. Damit solle verhindert werden, dass Bin Laden entkomme.

Gleichzeitig versucht die US-Regierung durch die Aussetzung einer hohen Belohnung, die afghanische Bevölkerung zur Suche nach Ussama Bin Laden zu bewegen. Dazu werden nach Angaben von Rumsfeld Flugblätter über Afghanistan abgeworfen. Auch durch Sendungen von der fliegenden Radiostation „Solo“ aus solle über die Aussetzung des Kopfgeldes informiert werden. Das US-amerikanische Bundeskriminalamt FBI hatte eine Belohnung von 25 Millionen Dollar für die Ergreifung Bin Ladens ausgesetzt.

Nach Angaben von Rumsfeld wollen die USA nicht alle Höhlen absuchen, in den sich Bin Laden aufhalten könnte, sondern planen, die Höhlen durch Luftangriffe zu verschließen oder zu zerstören. EC