Medialer Overkill am Rhein

Der internationale Veranstaltungsmulti Reed Exhibitions will in Köln eine zweite Medienmesse neben dem „Medienforum“ etablieren. Das Land NRW spielt dabei eine „dubiose Doppelrolle“

aus Köln FRANK ÜBERALL

Über 6.000 Besucher, rechnen sich die Veranstalter des „Medienforum NRW“ ihre eigene Statistik schön, pilgern alljährlich zur Mammutveranstaltung der Branche nach Köln. Kritik an der Unübersichtlichkeit und dem Eigenleben der vielen Unterveranstaltungen gibt es seit Jahren. Jetzt schlittert das „Medienforum“ in eine Existenzkrise: Der Angstgegner ist da. Reed Exhibitions, der weltgrößte private Messe- und Kongressveranstalter, macht im nächsten Sommer seine eigene Medienmesse am Rhein. Die „Digital Behaviour“ soll Anfang Juni eine Woche vor dem „Medienforum“ ebenfalls Medienmenschen aus ganz Europa nach Köln locken.

Zwei konzeptionelle Welten prallen aufeinander: Das traditionelle, von der Landesregierung NRW und der Privatrundfunk-Behörde LfR veranstaltete Forum in und um die Kölner Messehallen – und ein internationaler Veranstalter, der das globale Geschäft beherrscht. Die Reed-Gruppe richtet seit Jahren die wichtigsten TV-Messen in Europa und Asien (Mip-TV, MipCom bzw. MipAsia) aus.

Problemkinder

Die Staatskanzlei von Medien-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) rührt derweil in beiden Töpfen mit und versucht eigene Problemkinder zu versorgen. Veranstaltungsort der „Digital Behaviour“ wird das „Coloneum“ im Kölner Westen, laut Eigenwerbung einer der größten Studiokomplexe in Europa, der massiv von der Landesregierung gefördert wurde. Groß ist das „Coloneum“ wirklich – aber offenbar wenig genutzt. Das dort avisierte Geschäft mit internationalen TV- und Kinofilm-Produktionen will nicht so richtig laufen. Jetzt soll mit der „Digital Behaviour“ mehr Leben ins „Coloneum“ einziehen.

„Das Land spielt hier eine dubiose Doppelrolle“, schimpft der Grünen-Fraktionsvize im Kölner Stadtrat, Jörg Frank: Denn die Landesregierung sei selbst mit 20 Prozent an der kommunalen KölnMesse beteiligt, die das „Medienforum“ mit ausrichtet – und so eigentlich zur Loyalität verpflichtet. Offenbar werde in der Staatskanzlei aber nach dem Motto gehandelt: „Die KölnMesse geht uns nicht verloren, aber Reed könnte auch woandershin gehen“, sagt Frank. Indirekt trage das Land also die Verantwortung, wenn hier der kommunalen Messegesellschaft der lukrative Medienbereich entzogen werde.

Bei der KölnMesse selbst spricht man vom „Wettbewerb, damit muss man leben“. Doch gerade in diesen wirtschaftlich schlechten Zeiten sei die Konkurrenzmesse eine Hiobsbotschaft: „Da geht es doch um ein nahezu gleiches Thema im Abstand von wenigen Tagen“, so Messesprecher Markus Oster. Für das Medienforum 2002 gebe es noch keine festen Anmeldungen: „Wir müssen jetzt beide mit den großen Playern in der Branche reden, da wird sich zeigen, wer das nötige Quäntchen Glück hat.“

Nun sitzen in der NRW-Staatskanzlei naturgemäß Optimisten und betonen, dass an einem Medienstandort wie Köln natürlich für beide Veranstaltungen – „Medienforum“ und „Digital Behaviour“ – Platz sei. Doch dieser Optimismus will bisher weder auf andere Landes- noch Parteiinstanzen abfärben: „Beide wissen, dass einer verlieren wird“, beschreibt Hans G. Bauer von der jüngst gegründeten landeseigenen NRW-Medien-GmbH auf taz-Anfrage das Gerangel am Rhein. Jeder fühle sich alleine so stark, dass vermittelnde Gesprächsangebote bisher immer abgelehnt worden seien: „Da fahren zwei Züge frontal aufeinander zu, und ich kann sie im Moment nicht stoppen.“ Deutliche Kritik auch vom medienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Marc-Jan Eumann: „Die doppelte Medienmesse fügt sich nicht ein in unsere Strategie, die Aktivitäten zu bündeln und schärfere Konturen ins Medienland NRW zu bekommen.“

Geteilte „mecon“

Sehr zufrieden mit der Unterstützung durch die Landesregierung ist dagegen die Firma Reed: Die Zusammenarbeit, zum Beispiel bei der Partnersuche, „bewerten wir als sehr positiv“, so Metin Ergül von Reed Exhibitions. Außerdem werde die „mecon“, bisher als „Fachkongress für digitale Medien“ ins Medienforum integriert, auf beide Veranstaltungen aufgeteilt: Die Staatskanzlei wolle „den gesamten Bereich des Digital Behaviour relevanten Mecon-Kongresses“ aus dem von ihr mitveranstalteten Medienforum „herauslösen und in die ‚Digital Behaviour‘ integrieren“.

Angesichts des Streits um die beiden Medienmessen wird nun die Frage der Schirmherrschaft zum Politikum: Reed Exhibitions hat offenbar Ministerpräsident Clement in die Bütt gebeten. Immerhin könnte der dann seine alljährliche mediale Grundsatzansprache zweifach nutzen: zur Eröffnung der „Digital Behaviour“ – und eine Woche später noch mal beim „Medienforum“.