Spaniens Opposition will Minister feuern

Ein parlamentarischer Untersuchungsbericht macht zwei Kabinettsmitglieder für einen Finanzskandal verantwortlich

MADRID taz ■ Spaniens Opposition fordert geschlossen den Rücktritt des Wirtschaftsministers und stellvertretenden Regierungspräsidenten Rodrigo Rato und seines Kollegen im Finanzministerium, Cristobál Montoro. Die beiden Minister der konservativen Partido Popular (PP) von Regierungschef José María Aznar sollen, so der Abschlussbericht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die politische Verantwortung für den Milliardenbetrug des Investitionsfonds Gescartera tragen.

Im dem am 15. Juni von Rato geschlossene Unternehmen sind Einlagen im Wert von 18 Milliarden Peseten (108 Millionen Euro) verschwunden. Hinzu dürften Einlagen aus Schwarzgeld kommen, die niemand reklamiert. Zu den geprellten Investoren gehören hohe Politiker, aber auch Institutionen wie die Armee, die Guardia Civil und die Kirche.

Für die Opposition handelt es sich nicht um eine normale Pleite, sondern um den gescheiterten Versuch, in großem Stil Steuern zu hinterziehen und Schwarzgeld zu waschen. Gescartera-Chef Antonio Camacho unterhielt gute Kontakte zu hohen Staatsbediensteten. Dadurch habe er, so die Schlussfolgerungen der Opposition, trotz negativer Berichte der Börsenaufsicht zu Anfang des Jahres die Genehmigung bekommen, direkt als Broker tätig zu werden. Die Chefin der Aufsichtsbehörde traf sich mehrmals mit Camacho und Gescartera-Direktorin Pilar Gimenez-Reyna. Eingefädelt hatte dies der Bruder von Gimenez-Reyna, Enrique, seines Zeichens Staatssekretär für Steuerpolitik. Camacho verteilte großzügige Geschenke, u. a. an den ehemaligen PP-Abgeordneten und Vizepräsidenten der Börsenaufsicht, Luis Ramallo. Ob die Einlagen tatsächlich durch schlechtes Spekulieren verloren gingen oder unterschlagen wurden, müssen die Gerichte klären.

„Die unabhängigen Institutionen haben mit allem anderen als mit Unabhängigkeit gehandelt“ heißt es im Bericht der Opposition. „Wenn es solche bevorzugte Behandlung für ein kleines Unternehmen gab, was ist dann erst mit den Unternehmen passiert, die die PP privatisiert hat?“, fragt der Sprecher der Sozialisten im Untersuchungsausschuss, Antonio Cuevas. Wenn Rato und Montoro nicht zurücktreten, will die Opposition Aznar für den Skandal verantwortlich machen.

Die sozialistische PSOE, die kommunistische Vereinigte Linke (IU) und die baskischen und katalanischen Nationalisten (PNV und CiU) sowie die Gruppe der Fraktionslosen beschweren sich über das Verhalten der PP im Ausschuss. Die Abgeordneten der Regierungspartei hätten alles getan, um die Untersuchung auf Sparflamme zu halten. Es konnten nur Personen befragt und Dokumente eingesehen werden, wenn die PP dies absegnete. Die Partei von Aznar hält die absolute Mehrheit im spanischen Parlament.

REINER WANDLER