Wasserjagd für den Urwald

■ Greenpeace-Aktivisten entern vor Nordenham den Tropenholz-Transporter „Tim Buck“

Nachdem sie die ganze Nacht auf der Lauer gelegen haben, haben Mreenpeace-Aktivisten gestern morgen den unter zypriotischer Flagge fahrenden Tropenholzfrachter „Tim Buck“ geentert und versucht, sein Anlegen an der Nordenhamer Midgard Pier zu verhindern. Gekonnt umkurven die vier Schlauchboote der Umweltschützer die auf der Weser patrouillierende Wasserschutzpolizei, Aktivisten malen die Parole „African crime“ an die Bordwand und entwickeln souverän ihr medienwirksames Katz- und Mausspiel mit den Beamten.

Die haben scheinbar schon früh von der Sache Wind bekommen und die Klettermaxe bereits an Bord des Frachters erwartet. Der Höhepunkt der Show, das Entrollen eines Transparents entfällt daraufhin. Schon in der Nacht hatten Wasserpolizisten Material beschlagnahmt.

Am Pier patrouilliert seit den frühen Morgenstunden eine schwarz gewandete Einheit der niedersächischen Polizei. Vorläufiges Fazit: 19 Festnahmen, null Transparente. „Da hat uns jemand verpfiffen“, argwöhnt sogleich Wolfgang Meister, Greenpeace-Mitglied der ersten Stunde und Koordinator an Bord der Yacht „Sylt“, die Greenpeace eigens für die insgeheim eingeladenen Journalisten gechartert hat. Pikanterweise ein ehemaliges Polizeiboot.

Dort erläutert Pressesprecherin Carmen Ulmen am Vorabend beim Briefing mit Käsebrot und Powerpoint, man wolle mit der Aktion eine Woche vor Beginn der Vorbereitungskonferenz der Unterhändler zum Urwaldgipfel auf die ungebremst voranschreitende Zerstörung der letzten Urwälder unseres Planeten aufmerksam machen. Die „Tim Buck“ habe Mahagoniholz aus dem zentralafrikanischem Kamerun geladen. Dort wie anderswo plünderten internationale Holzkonzerne rücksichtslos nichtkonzessionierte Einschlagsgebiete und zerstörten damit den Lebensraum vieler bedrohter Tierarten sowie die Lebensgrundlage der dort lebenden Naturvölker.

Auch die Bundesrepublik Deutschland importiere jährlich Urwaldholz im Wert von rund einer Milliarde Mark, referiert die Greenpeace-Frau. Hauptumschlagplatz für afrikanisches Tropenholz sei Nordenham.

Erst spät in der Nacht haben die Umweltprofis sich an Bord der „Sylt“ einer mutigen Schar schlafverachtender Pressevertreter anvertraut. In den engen Kojen unter Deck bereiten sich weitere ausgebildete Aktivisten auf ihren Einsatz in Thermounterwäsche vor. Gelegentlich auftauchend, verbreiten sie den dezenten Charme einer Klassenfahrt. Der Wetterdienst kündigte Windstärke 8 an. Greenpeace-Waldexperte Martin Kaiser: „Seit Rio ist nicht viel passiert. Deshalb werden weitere, ähnliche Aktionen folgen. Dafür sind wir bekannt“.

Vor rund zwanzig Jahren hatte es in Nordenham die erste spektakuläre Aktion von Greenpeace Deutschland gegeben. Damals ging es um die Kronos Titan Werke direkt neben der Midgard Pier. Deren Dünnsäureverklappung auf der Nordsee wurde längst eingestellt.

Jüngster Teilerfolg des Umweltvereins ist das Exportverbot für das Edelholz Mahagoni durch die Regierung in Brasilien. Das Verbot gilt zumindest so lange, bis die illegalen Machenschaften der dortigen Holzmafia untersucht sind; die Bundesbehörden ermitteln bereits.

Als richtungsweisende Alternative empfiehlt Greenpeace das seit 1993 bestehende Öko-Siegel FSC (www.fsc-deutschland.de) nicht nur den Bundesbürgern sondern auch unserem Bundeskanzler. Er möge auf dem Umweltgipfel im April kommenden Jahres stärker als bisher auf die Einführung nachhaltiger Standards für den Holzimport pochen, fordert Umweltorganisation. Nur so könne der jährliche Waldschwund von 15 Millionen Hektar gestoppt werden.

Olaf Liebert