Der Urenkel am Steuer

Der Neue Ford-Chef heißt nach 20 Jahren wieder Ford – aber junior

Wenn ein Weltkonzern wie Ford den Vorstandschef vorzeitig entlässt, so ist das in Wirtschaftskreisen schon aufregend genug. Der Chefmanager des zweitgrößten Autobauers der Welt, Jacques Nasser (53), hat laut Insiderberichten das Handtuch geworfen. Angeblich gab es schon seit längerem Querelen mit der Familie Ford. Heute will Ford schon den Nachfolger bekanntgeben, und es ist nach über 20 Jahren wieder ein echter „Ford“: William Clay Ford junior, der Urenkel des alten Henry Ford. Er hatte sich in den letzten Jahren gegenüber seinem Cousin Edsel durchgesetzt. Die Familie hält nach wie vor 40 Prozent der stimmberechtigten Aktien und hat damit das Sagen beim zweitgrößten Autobauer der Welt. Doch seit 1980 Williams Onkel Henry Ford II in Rente ging, wurde die Firma von angestellten Managern geleitet.

Der junge Ford hat alle Chancen, ein erfolgreicher Sanierer zu werden: Viel schlechter kann es Ford nämlich nicht mehr gehen als derzeit. Und das, obwohl der bisherige australische Chef Jac „The Knife“ Nasser als gnadenloser Sparkommissar bekannt war.

Seit einem halben Jahr schreibt der Konzern rote Zahlen – dank eines Preiskampfes mit dem größeren Rivalen General Motors fiel von Juli bis September allein in Nordamerika ein Verlust von 850 Millionen Dollar an. Weltweit sinken die Marktanteile, teure Rückrufaktionen häuften sich. Und, was Familie Ford viel stärker berühren dürfte: Nicht nur der Aktienkurs hat sich innerhalb des letzten halben Jahres auf gut 16 Dollar halbiert, auch die Dividende an die Aktionäre fiel auf die Hälfte.

William C. Ford wäre ohne seinen Familienhintergrund wohl kaum an die Spitze eines Autokonzerns gelangt. Er ist nämlich neben seiner Ausbildung an Eliteuniversitäten und im Konzern vor allem als Mahner für die Einhaltung von sozialen und Umweltstandards in der Wirtschaft aufgefallen – was bisher nicht unbedingt für den Chefposten eines Autokonzerns qualifizierte. „Profite sind wichtig“, so eine seiner Aussagen, „aber eine große Firma geht darüber hinaus und verbessert die Welt.“ Oder: „Um zu überleben, müssen wir ein Umwelt-Unternehmen werden.“ Ford stieg allerdings über diverse konventionelle Managementfunktionen stetig auf und war seit 1999 als Chairman für die Strategie des Konzerns mit verantwortlich. Er war auch Vorsitzender des Umweltausschusses. Nun kann der Neue beweisen, was von den Grundsätzen bei den tagtäglichen Entscheidungen übrig bleibt.

Dass er kein Gefangener überkommener Traditionen ist, bewies der Streit mit dem Reifenlieferanten Firestone. Seit fast 100 Jahren bezieht Ford Reifen von Firestone. Und Williams Mutter ist gar ein Spross der Familie Firestone. Als jedoch 200 Todesfälle und 700 Verletzte mit Firestone-Reifen in Verbindung gebracht wurden, wechselte Ford in einer der größten Rückrufaktionen der Autogeschichte fast 20 Millionen Reifen aus. Der Ruf von Firestone war ruiniert, die alte Freundschaft interessierte bei Ford keinen mehr.

Kommentatoren verweisen auf seinen anderen Topjob: Ihm und seinem Vater gehört das Profi-Footballteam Detroit Lions. Sobald er dort mehr zu sagen hatte, feuerte er den Tainer, weil er „es hasst zu verlieren“. Ob er den Umweltschutz mit dem Kampf an der Spitze verbinden kann, werden Kunden wie Beschäftigte bald sehen.

REINER METZGER