Kein Euro Glück

■ Statt 10.000 Mark Gewinn einzustreichen, zahlten Glücksritter saftige Telefongebühren

Im Briefkasten hockt das Glück: Nur schnell das Preisrätsel mitgemacht und schon ein Vermögen gewonnen. Wieder ein Fall fürs Altpapier, oder? Gestern ein Fall fürs Bremer Amtsgericht.

In unserem Fall flatterte einigen GewinnspielerInnen ein viel versprechender Brief von der Bremer Firma „Euro Glück“ ins Haus. Diesmal habe man „das richtige Glück“ gehabt, hieß es darin. Ein dritter Platz und 10.000 Mark schienen gewonnen. Wer sieht in solchen Augenblicken noch das Kleingedruckte? Dort stand nämlich, dass jeder Einzelgewinn höchstens 200 Mark betrage. Doch 80.000 glaubten an ein gutes Schicksal und wollten Genaueres erfahren: Wann und wo man den Gewinn bekommen würde. Die für die „Euro Glück“ eingespannte Verwaltungsfirma „Hansa Verwaltung“ hatte extra ein Call Center eingerichtet: Die 01908-77778 war schnell gewählt – und kostete 3,63 Mark pro Minute. Zudem entpuppte sich der in Aussicht gestellte Festakt als schnöde Werbeverkaufsveranstaltung, wo die „GewinnerInnen“ 200 Mark Rabatt auf überteuerte Lamadecken oder Küchenmaschinen bekommen sollten. Ein Reinfall statt eines Glücksfalls also.

Für „Euro Glück“– anscheinend nicht viel mehr als eine Briefkas-tenfirma – gilt dasselbe: ein Reinfall. Den polnischen Inhaber hat nie jemand gesehen. Die „Gewinnspiel“-Organisation wickelte die „Hansa Verwaltung GmbH“ ab. Deren Geschäftsführerin, Monique R., stand gestern wegen Betrugverdachts vor Gericht – und wurde verurteilt. Der Richter hatte keinen Zweifel, dass die junge blondierte Angeklagte als Geschäftsführerin der ausführenden Hansa-Verwaltung die treibende Kraft beim falschen Spiel war.

Neben der Enttäuschung der 80.000 GlücksritterInnen entstand auch materieller Schaden: Die 01908-Anrufe haben die vermeintlichen GewinnerInnen rund 140.000 Mark gekostet. Etwa die Hälfte davon hat die „Hansa“ eingestrichen, angeblich „nur zur Kos-tendeckung“. Sie habe sich nicht bereichert, beteuerte die ansonsten reichlich erinnerungslose Frau. Sie hatte ihre Angestellten im Call-Center übrigens pro telefonierter Minute bezahlt. Damit die Angestellten arbeiten, „statt irgend was anderes zu machen“.

Sieben Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung und 1.500 Mark Geldstrafe bekam die Firmenchefin, die „in alles nur hineingeraten“ sei, wie ihr Anwalt nicht müde wurde zu beteuern. aro