OB von Saarbrücken wegen Untreue vor Gericht

Städtische Unternehmen sollen Bauleistungen am Privathaus von OB Hoffmann bezahlt haben. Großer Schaden für die SPD an der Saar

SAARBRÜCKEN taz ■ Im Amtsgericht in Saarbrücken begann gestern der Prozess gegen Hajo Hoffmann, den Oberbürgermeister (OB) der saarländischen Landeshauptstadt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 56 Jahre alten Sozialdemokraten „Untreue“ vor. Hoffmann habe Mitte der 90er-Jahre beim Bau seines Privathauses diverse Arbeiten, die von städtischen Gesellschaften ausgeführt wurden, nicht bezahlt. In einem Fall geht es um Bauleistungen im Wert von 55.000 Mark. Die Arbeiten sollen von einem Bauunternehmer ausgeführt worden sein, der im Auftrag der kommunalen Entwicklungs- und Sanierungsgesellschaft (ESG) in Saarbrücken auch ein Wohn- und Geschäftshaus errichtete. Doch der OB erhielt nach Beendigung der Arbeiten an seiner privaten Residenz – unter anderem wurde eine Treppe aus Marmor gebaut – keine Rechnung. Die Kosten übernahm die ESG und verrechnete sie anschließend mit denen für das städtische Bauprojekt. Boss der ESG war bis 1997 Alfred Kirst (68), ein „Spezi“ von Hoffmann. Und die ESG stach in diesen Jahren beim Kampf um lukrative Aufträge mehrfach die Konkurrenz aus. OB Hoffmann war Aufsichtsratsvorsitzender der ESG. Den Marmor für die Prachttreppe sollen die beiden übrigens gemeinsam ausgesucht haben: in Carrara. Der OB habe dort mit einem Scheck bezahlt, sagte Kirst den Ermittlungsbehörden. Doch die fanden schnell heraus, dass der Scheck von Hoffmann zwar tatsächlich in Italien eingelöst worden war – aber von einer Nobelboutique.

Für die Staatsanwaltschaft ist Hoffmann der Nutznießer eines Systems von „Veruntreuung, Verschleierung und Verteilung“. Sie ermittelt auch gegen Kirst wegen des Verdachts auf „Untreue zum Nachteil der ESG“. Vor dem Amtsgericht geht es auch um Arbeiten in Hoffmanns Vorgarten im Wert von rund 6.000 Mark, die Angestellte der Saarbrücker Immobilienverwaltungs- und Baubetreuungsgesellschaft (SIB) 1997 ausführten – für den OB wieder kostenlos. Kirst war schließlich auch Chef der SIB. Und Hoffmann qua Amt auch dort der Aufsichtsratsvorsitzende. Als Kirst 1999 in Pension ging, flatterte Hoffmann plötzlich eine Rechnung für „diverse Gartenarbeiten“ ins Haus. Der OB bezahlte – zwei Jahre später. Da liefen schon die Ermittlungsverfahren gegen ihn.

Politisch hat Hoffmann der SPD an der Saar schweren Schaden zugefügt. Seine Weigerung, sein Amt wenigstens bis zum Ende des Prozesses (Januar 2002) ruhen zu lassen, trieb die Grünen in die Arme der CDU.

Saarbrücken ist seit dem Sommer die erste Großstadt, die von Schwarz-Grün regiert wird. Doch die Koalition wackelt schon wieder heftig – wegen anhaltender Querelen bei den Grünen. Die Basis wollte mit Claudia Willger-Lambert eine Frau als Bürgermeisterin haben. Doch die Fraktion verweigert sich. Das grüne Urgestein Kajo Breuer soll den Job übernehmen. Und Breuer ist dazu auch bereit. Die Basis schäumt. Am 31. Oktober ist die Wahl im Stadtparlament. Die Stimmen der CDU stehen: für Breuer. Und die der grünen Abgeordneten?

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT