Von Hausbesetzern und Spekulanten

Ein Immobilienbesitzer kämpft in der Brunnenstraße 183 hartnäckig gegen längst ausgestorbene Lieblingsfeinde

Schon 1998 konnte der damalige CDU-Innensenator Jörg Schönbohm das Ende seiner Mission verkünden: Das letzte von einst weit über hundert besetzten Häusern in Berlin war geräumt. Und da seither auch kein anderes Haus erfolgreich auf Dauer okkupiert wurde, müsste die Gattung der Hausbesetzer eigentlich als ausgestorben gelten. Doch einige Immobilienbesitzer glauben weiter hartnäckig an die Existenz ihrer einstigen Lieblingsfeinde.

Günter Stach ist Immobilienbesitzer, zumindest seine Gesellschaft für Stadtentwicklung Team 2. Der gehört seit kurzem das Haus Brunnenstraße 183 in Mitte. Dort leben rund 30 Bewohner. Gestern Morgen wurden sie von der Polizei und Mitarbeitern der Bauaufsicht aufgeschreckt. Auch Stach war vor Ort.

„Stach hat uns als Besetzer bezeichnet“, sagt Jens Hermann, der seit Mitte der 90er-Jahre im Hinterhaus wohnt. „Er wollte in allen Wohnungen die Schlösser auswechseln.“ Denn einen schriftlichen Mietvertrag kann fast kein Bewohner vorweisen. Dennoch zahlten sie Miete. Erst an die Wohnungsbaugesellschaft Mitte, später an eine alte Dame, die das Haus rückübertragen bekommen hatte. Das sei immer akzeptiert worden, erklärt Hermann. „Das kommt einem Mietvertrag gleich“, sagt Moritz Heusinger, Anwalt der Bewohner.

Stach selber sagt nichts. Er lässt nur mitteilen, dass seine Anwältin sich äußern werde. Seine Anwältin lässt mitteilen, dass man nichts sagen wolle. Im Internet teilt Team 2 mit, „wir entwickeln Immobilien mit hoher Wertsteigerung und interessanten Steuervorteilen“. Rund 20 Häuser – schätzen die Brunnenstraßenbewohner – habe Team 2 in ihrem Viertel gekauft.

„Früher“, meint Heusinger, „hätte man Stach einen Spekulanten genannt.“ Dem Anwalt ist Stach bereits aktenkundig. Den Mietern eines Hauses in der Anklamer Straße habe er den Auszug mit bis zu 15.000 Mark pro Wohnung schmackhaft gemacht. Das Haus wurde mittlerweile „entwickelt“, offensichtlich mit hoher Wertsteigerung. Doch die ehemaligen Mieter warten bis heute auf die vertraglich zugesicherte Entschädigung. Heusinger wollte daher gestern gleich einen Gerichtsvollzieher zwecks Pfändung hinzurufen. Daraufhin sei Stach schnell verschwunden.

Vor Ort blieben die Mitarbeiter der Bauaufsicht. Unbewohnbar sei das alte Haus nicht, hieß es später. Festgestellte Mängel müsse der Eigentümer beseitigen. Normalerweise könnten sich Bewohner darüber freuen. In einem Konfliktfall wie in der Brunnenstraße 183, weiß Heusinger, würden Eigentümer das aber meist für neue Repressalien nutzen. GEREON ASMUTH