Chaos in Simbabwe ab jetzt legal

Kaum vom Staat auf Linie gebracht, erlaubt das Oberste Gericht in Harare der Regierung, mit ihrer Landenteignungspolitik fortzufahren. Ein vom Commonwealth ausgehandelter Kompromiss zur Befriedung Simbabwes wird damit ausgehebelt

von DOMINIC JOHNSON

Simbabwes Politik der gewaltsamen Besetzung von Großfarmen im Besitz von Weißen und ihrer entschädigungslosen Enteignung ist vorerst legal. Das entschied das Oberste Gericht des Landes am Dienstag und widersprach damit all seinen bisherigen Urteilen zum Thema. Kein Wunder: Im August waren drei der fünf Richter durch treue Anhänger des Staatschefs Robert Mugabe ersetzt worden.

Das Gericht erlaubte Simbabwes Agrarminister Joseph Made, „gemäß den Bestimmungen des Landaneignungsgesetzes, mit Bestätigungsanträgen vor das Verwaltungsgericht zu treten“. Gemeint ist damit der Vorgang, mit dem die Regierung die von ihr angekündigten Enteignungen fast aller 6.000 Farmen im Besitz von Weißen in Simbabwe vom Verwaltungsgericht einzeln absegnen lässt und sie damit legalisiert. Dieses Vorgehen hält der weiße Farmerverband CFU (Commercial Farmers’ Union) für verfassungswidrig und hatte daher im vergangenen Jahr das Oberste Gericht angerufen.

Im November 2000 hatten die Obersten Richter noch geurteilt, Simbabwes Regierung müsse erst eine Landreform beschließen, bevor sie Land enteigne. Dafür setzten sie der Regierung eine Frist bis zum 1. Juli 2001. Die Regierung von Präsident Mugabe hatte dies jedoch ignoriert und begann stattdessen, einzelne Richter aus ihren Ämtern zu drängen.

Seit Beginn der gewaltsamen Landbesetzungen im Februar 2000 durch regierungstreue Milizen hat die Regierung 5.247 der 6.000 Großfarmen Simbabwes auf die Enteignungsliste gesetzt. Die meisten davon sind besetzt worden. Auf etwa 900 Farmen ist in Folge der Besetzungen die Produktion eingestellt; knapp 300.000 Farmarbeiter und ihre Familienangehörige sind vertrieben worden. Das hat die Produktion von Grundnahrungsmitteln und Agrarprodukten für den Export zusammenbrechen lassen, was zu Lebensmittelknappheit, Inflation und Devisenmangel führt. Ab November werden Hungersnöte erwartet.

Noch am 6. September hatte Simbabwes Regierung einem von Nigeria vermittelten Vorschlag des Commonwealth zugestimmt, seine Landreform nur noch gewaltlos und legal durchzuführen und im Gegenzug dafür finanzielle Unterstützung vom Ausland zu erhalten. Doch seitdem sind weitere 25 Farmen besetzt worden, und die Einschüchterung von Regierungsgegnern nimmt erneut zu. In manchen Orten errichten Milizionäre der Regierungspartei Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) nach Zeitungsberichten Straßensperren und verprügeln Oppositionelle. Wer ungehindert passieren will, muss einen Zanu-PF-Mitgliedsausweis kaufen und sechs Jahre Mitgliedsbeiträge im Voraus bezahlen.

Gespräche zwischen Regierung und CFU über die Interpretation des Abkommens vom 6. September brachen am 26. September zusammen, nachdem die Regierung behauptete, sie sei unter dem Abkommen nicht verpflichtet, die Gewalt zu beenden. Mit der neuen Entscheidung des Obersten Gerichts ist das Commonwealth-Abkommen gegenstandslos, denn jetzt ist alles legal, was Simbabwes Regierung anstellt. Präsident Mugabe hat Glück, dass das Commonwealth in Reaktion auf die Terroranschläge in den USA sein für kommendes Wochenende geplantes Gipfeltreffen in Australien auf 2002 verschoben hat. Dort hätten ihm Sanktionen gedroht.