Über 500 Tote in Nigeria

Religiöse Gewalt in der Stadt Jos flammt neu auf, nachdem militante Muslime die Anschläge in den USA feiern. Parlament macht Militär für Gewalt verantwortlich

LAGOS afp/taz ■ Die Terroranschläge in den USA haben die religiösen Unruhen zwischen Muslimen und Christen in Nigeria neu aufgeheizt. Von einer „sehr hohen“ Opferzahl berichteten Einwohner der zentralnigerianischen Stadt Jos nach gestrigen Angaben der Zeitung Guardian, nachdem es dort im Anschluss an Freudendemonstrationen militanter islamistischer Jugendlicher zu Gewaltakten kam.

In Jos liefern sich Milizen von Muslimen und Christen seit Freitag letzter Woche Kämpfe. Die Stadt liegt im mehrheitlich von Christen bewohnten Bundesstaat Plateau im islamisch geprägten Norden des Landes. Die Angehörigen des christlichen Berom-Volkes in Jos betrachten die Minderheit der muslimischen Haussa als Eindringlinge. Nach Angaben der Daily Times wurden in der Nacht zu Mittwoch mehr als 500 Opfer der tagelangen Kämpfe von der Armee im Schutz der Dunkelheit heimlich in Massengräbern beigesetzt. Rote-Kreuz-Vertreter bestätigten die Massenbeisetzung.

Am Wochenende hatte sich die Lage in Jos kurzfristig beruhigt. Am Mittwoch jedoch zogen islamische Jugendliche erneut durch die Straßen der Stadt, riefen „Gott ist groß“ und griffen Angehörige der christlichen Mehrheitsbevölkerung der Stadt an. Die Armee sperrte darauf das Stadtzentrum ab. Über 10.000 Menschen haben sich in eine Armeekaserne geflüchtet, um den Milizenangriffen zu entgehen.

Seit dem Amtsantritt von Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo im Mai 1999 wurden bei religiös motivierten Unruhen in Nigeria nach Schätzungen bereits über 6.000 Menschen getötet. Die Gewalt wird nach Überzeugung christlicher Verbände von Angehörigen des Militärs geschürt. Das nigerianische Unterhaus machte am Dienstag die Sicherheitskräfte Nigerias für die Unruhen in Jos verantwortlich und verlangte die Bestrafung der Verantwortlichen.