Ein bisschen Gegenwehr hier und da

Die Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung zieht Bilanz: Mit 2,3 Millionen Mark wurden bisher 141 Projekte im Kampf gegen rechts unterstützt. Das Neonazi-Aussteigerprogramm Exit betreut 56 Leute. Aber: Auch die Rechtsextremen formieren sich neu

von JEANNETTE GODDAR

Der Aufstand der Anständigen hat sich für die Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung gelohnt: Allein im Jahr 2000 gingen auf dem Konto der Stiftung, die zuvor nahezu ohne finanzielle Mittel auskommen musste, fast zwei Millionen Mark an Spenden ein. In diesem Jahr kam bereits mehr als eine Million zusammen. Mit insgesamt 2,3 Millionen Mark wurden bisher 141 Projekte und Initiativen vor allem in den neuen Ländern gefördert. Die mit Abstand größte Finanzspritze erhielt mit 750.000 Mark das Neonazi-Aussteigerprogramm Exit, das mit der Stern-Aktion „Mut gegen rechte Gewalt“ ins Leben gerufen wurde. Exit betreut derzeit 56 Ausstiegswillige, 14 davon haben die Szene verlassen.

Bei der Vorstellung der ersten umfassenden Bilanz der Stiftung gaben sich die Gründer in Berlin gestern guter Dinge: Vielerorts seien vor allem kleine Initiativen, die sich der zähen Arbeit im Kampf gegen rechts verschrieben hätten, gefördert worden, sagte die Kuratoriumsvorsitzende Anetta Kahane. Markus Zeeh, Mitgründer des Netzwerks Demokratische Kultur im sächsischen Wurzen, schilderte den Alltag in vielen Kommunen. Nach wie vor würden „die Überbringer schlechter Nachrichten oft genug eher gehängt als gehört“, erzählte Zeeh, „für uns Jugendliche war es ein Segen, auch einmal Unterstützung zu bekommen“. Inzwischen zeichne sich durch die kontinuierliche Arbeit auch in Wurzen, das traditionell als rechtsextreme Hochburg gilt, „ganz allmählich“ so etwas wie ein Klimawechsel ab.

Neben Exit und zivilgesellschaftlichen Initiativen fördert die Stiftung, die im Oktober 1998 nach dem in Eberswalde zu Tode geprügelten Angolaner Amadeu Antonio benannt wurde, die Selbstorganisation von Einwanderern – unter anderen die Initiative Rathenower Flüchtlinge. Diese hatte mit einem Brief an den Bundeskanzler, in dem sie um Verlegung in ein anderes Bundesland als Brandenburg baten, auf sich aufmerksam gemacht. Ein weiterer Schwerpunkt der Stiftung ist die Unterstützung von Initiativen, die Opfer rechtsextremer Gewalt beraten. Zurzeit seien in allen fünf neuen Ländern Beratungsstellen nach dem Vorbild der Brandenburger „Opferperspektive“ im Aufbau, so Kahane.

Bernd Wagner, Leiter von Exit, warnte aber auch davor, die Tatsache überzubewerten, dass sich seit dem Sommer 2000 „in der Tat hier und da gesellschaftliche Gegenwehr formiert“. „Mit verstärkter Kraft“ und einer „ideologischen Offensive“ habe nämlich die rechtsextreme Szene darauf reagiert.

Nicht zuletzt durch die Diskussion um das NPD-Verbot sei es ihr gelungen, „ihre geistigen Grundlagen in der Öffentlichkeit zu präsentieren“. Cem Özdemir, innenpolitischer Sprecher der Grünen und Kurator der Stiftung, erklärte das geplante NPD-Verbot dagegen zu „einer wichtigen“, aber nicht der entscheidenden Maßnahme im Kampf gegen rechts.