Elegant zum Sieg geschummelt

Mit rund 75 Prozent der Stimmen wird Weißrusslands Staatpräsident Alexander Lukaschenko in seinem Amt bestätigt. So lauten die offiziellen Angaben. Die Opposition und die OSZE sprechen von Wahlbetrug. Glückwünsche von Präsident Putin

von BARBARA OERTEL

Dreistigkeit siegt, zumindest in Weißrussland. Mit für das Land eher durchschnittlichen 75,6 Prozent der Stimmen wurde Präsident Alexander Lukaschenko bei den Wahlen am vergangenen Sonntag in seinem Amt bestätigt. So jedenfalls lautet das vorläufige amtliche Endergbenis, das gestern vorgelegt wurde. Danach kam der Chef des staatlichen weißrussischen Gewerkschaftsbundes, Wladimir Gontscharik, auf 15,4 Prozent, der Nationalist und dritte Bewerber, Sergej Gaidukewitsch, auf 2,5 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag offiziell bei 83,9 Prozent.

Mit grenzenlosem Zynismus kommentierte Lukaschenko das „überraschende“ Resultat. „Es war ein eleganter und wunderschöner Sieg“, sagte er in Minsk. Bereits am Sonntagabend und damit noch vor dem Ende der Auszählung hatte sich der 47-jährige ehemalige Chef einer Kolchose zum Wahlsieger erklärt. Für die Opposition mit Gontscharik an der Spitze hatte Lukaschenko gestern nur Spott übrig. Die Opposition müsse ihre Niederlage anerkennen, sagte er und gab Gontscharik den Kommentar mit auf den Weg, man müsse als Mann gewinnen und verlieren können.

Verlierer Gontscharik, der während seines Wahlkampfes mit allen erdenklichen Mittel behindert und schikaniert worden war, retournierte gestern auf seine Weise. „Es war eine elegante Fälschung“, sagte er und warf dem Regime Wahlbetrug vor. So sei Menschenrechtsaktivisten nur in 7 von den geforderten 402 Wahllokalen die Überprüfung der Unterlagen gestattet worden. Zudem kündigte Gontscharik an, das Ergebnis nicht anzuerkennen und Neuwahlen zu fordern.

Auch der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die am Wahltag mit 300 Beobachtern vor Ort präsent, aber weitgehend kaltgestellt war, blieb nichts anderes übrig, als in das Klagelied einzustimmen. „Diese Präsidentenwahl entsprach nicht den Maßstäben demokratischer und freier Wahlen“, sagte der OSZE-Koordinator der Wahlbeobachtung, Kimmo Kiljunen, gestern in Minsk. Gleichzeitig warnte die OSZE jedoch vor einer weiteren internationalen Isolierung des Landes und kündigte an, den Prozess einer Demokratisierung weiter zu unterstützen.

Wenn Lukaschenko sie lässt. Nur wenige Tage vor der Wahl hatte der Diktator angekündigt, den Leiter der OSZE-Mission, Hans-Georg Wieck, auszuweisen. Die Drohung schwebt weiter wie ein Damoklesschwert über dem deutschen Diplomaten. Auch am Sonntag ließ Lukaschenko keinen Zweifel daran, wie er künftig verfahren wolle. Er werde im Lande aufräumen und die begonnene Politik weiter fortsetzen, ließ der Präsident wissen.

Wenigstens einer ließ es sich nicht nehmen, Lukaschenko zu gratulieren. Russlands Präsident Wladimir Putin, der sich bislang weitgehend zurückgehalten hatte, beglückwünschte seinen Amtskollegen zu dessen Sieg und verständigte sich mit Lukaschenko auf eine weitere enge Zusammenarbeit in der russisch-weißrussischen Union. Das wird auch Zeit. Denn die existiert bislang nur auf dem Papier.

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