DGB: Soziale Hängematte gibt es nicht

Gewerkschaft kämpft mit Studie gegen „Populismus“. Selbst Niedrigverdiener besser gestellt als Sozialhilfeempfänger

BERLIN taz ■ Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat Rufe nach einem Kurswechsel in der Sozialpolitik als „plumpen Populismus“ zurückgewiesen. Eine neue DGB-Studie zur Sozialhilfe zeige, dass Niedrigverdiener bereits heute besser gestellt seien als Sozialhilfeempfänger, sagte Vizechefin Ursula Engelen-Kefer gestern in Berlin.

Das Lohnabstandsgebot zwischen Sozialhilfe und Erwerbseinkommen sei in den meisten Fällen eingehalten. Selbst Alleinerziehende, die rund 43 Prozent der Stützeempfänger ausmachen, verdienten bereits bei einem Stundenlohn von acht Mark mehr als ihnen an Sozialhilfe zusteht. Halbwahrheiten wie die Formel „Wer sich in die soziale Hängematte legt, wird belohnt“ sollten lediglich Stimmung machen, kritisierte Engelen-Kefer.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte gestern erneut gefordert, den Druck auf arbeitsunwillige Sozialhilfeempfänger zu erhöhen. Das schließe die Kürzung staatlicher Hilfen ein. Das Motto müsse künftig „Fördern und fordern“ lauten, so Hundt.

„Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sollen billiger und williger gemacht werden“, glaubt Engelen-Kefer. Die meisten Sozialhilfeempfänger ruhten sich keineswegs auf der sozialen Hängematte aus. Jeder zweite Einsteiger in Sozialhilfe sei nach einem Jahr bereits wieder ausgeschieden.

Dem Kombilohnmodell erteilte Engelen-Kefer ebenfalls eine Absage. Dies erscheine zwar vielen als Ausweg, um das Lohnniveau mit Hilfe von Lohnsubventionen indirekt zu senken. Es handele sich aber keineswegs um kostengünstige und beschäftigungsintensive Alternativen.

So hätten Arbeitsämter im vergangenen Jahr rund vier Milliarden Mark an direkten Lohnkostenzuschüssen an die Betriebe gezahlt. Aber, so Engelen-Kefer, zusätzliche Arbeitsplätze seien damit nicht geschaffen worden. Im Gegenteil: „Ich warne davor, ein paar Soziahilfeempfänger in Arbeit zu bringen, wenn dafür andere auf die Straße gesetzt werden.“

Die DGB-Vize wollte aber keineswegs so verstanden werden, als ob sie ihre Klientel gegen die Sozialhilfeempfänger auszuspielen versuche. Es sei wichtig, dass diesen überhaupt der Einstieg in den Arbeitsmarkt geebnet werde. Aber ein Patentrezept seien Lohnkostenzuschüsse nicht: „Hände weg von der generellen Subvention ganzer Berufszweige“, sagte Engelen-Kefer. Denn: „Wer soll das bezahlen?“

Auch hätten die im Bündnis für Arbeit verabredeten Modellprojekte zum Niedriglohn die Erwartungen nicht erfüllt. Die Geförderten hätten nur saisonale Jobs und Aushilfstätigkeiten gefunden. Kein Wunder, so Engelen-Kefer, dass von 500 Geförderten nur knapp die Hälfte die Förderhöchstdauer von 18 Monaten ausgeschöpft habe – ein Seitenhieb auf die Grünen. Diese fordern, dass der Staat Zuschüsse zu den Sozialabgaben zahlt, wenn Arbeitslose niedrig entlohnte Teilzeitjobs annehmen.

Entscheidend sei, glaubt dagegen Engelen-Kefer, die Qualifizierungspolitik der Sozialämter auszubauen und die Kooperation von Arbeits- und Sozialämtern zu verbessern.

NICOLE MASCHLER