helmut höge
Hilfshausmeister
: Vom Hausmeister zum Facility-Manager

Zum Abschluss der taz-Feldforschung: Ein Kongressbericht aus Plau am See über den jüngsten Relaunch des Blockwarts

Das erste Mal schickte mich 1986 die taz für eine Sommerloch-Kolumne auf das Dauercamperareal des Zeltplatzes Niedermoos in Oberhessen, wo man unserem Team eine Medaille für sauberen Journalismus verlieh. Zehn Jahre später durfte ich die komplette Nord- und Ostseeküste abklappern und übernachtete dabei in Luxusherbergen, wobei ich jedoch das taz-Spesenkonto gehörig überzog.

Heuer reichte es abokurvenbedingt nur zu einer quasi taz-internen Tour – als Hilfshausmeister. Ich wurde an den taz-Gründer Christian Ströbele erinnert, der seinerzeit als erster taz-Hausmeister ständig den Redakteuren die Aschenbecher geleert und den Müll rausgetragen hatte. Heute ist Nichtrauchen in und Haschisch out, Container ersetzen die vielen Mehrkomponentenwertstofftonnen – es ist also alles einfacher geworden. Deswegen willigte ich sofort ein.

Zudem war die Tätigkeit von der Teilnahme an einer Hausmeisterkonferenz in Plau am See gekrönt. In diesem mecklenburgischen Luftkurort gibt es einen mittelalterlichen Turm mit einem Verließ, in das Okkupanten früher immer wieder Plauer Bürger runterließen, um von der Gemeinde Lösegeld zu erpressen. Heute hat jedes Haus in Plau ein Privatverließ – mit Kellerluken zur Straße hin. Die, einst für Holz und Kohle, waren der eigentliche Grund für die Wahl des Tagungsortes, denn jede ist anders gestaltet – beste Inspirationsquelle für Hausmeister-Bastelkunst, wobei alle Materialien zur Anwendung kamen.

Untergebracht waren wir im Parkhotel Klüschenberg, an dessen Privatisierung auch der Hausmeister nicht ganz unbeteiligt war. Heute ist die Herberge das „frauenfreundlichste Hotel“ Mecklenburgs, weswegen dort nun viele frisch verheiratete Lesbenpärchen bei Candlelight dinieren. Ein paar verirrten sich auch in den lichtbildgestützten Vortrag des Kulturwissenschaftlers Dr. Salm-Schwader über „Hausmeister-Basteleien“.

Am nächsten Tag ging es mit dem Bus nach Güstrow, wo Kurt Siedow, der Exhausmeister des Bundeskanzleramtes, den Stadtführer für uns machte. Der Rentner ist heute Barlach-Experte. Und so ging es zuerst zum Barlach-Museum, wo er uns die drei Formen des Schwebens über der Erde erklärte: 1. die östlich-buddhistische Levitation durch Meditation; 2. die jüdisch-globale Lévytation als Luftmenschen-Existenzialismus und 3. das nordwestdeutsche Schweben durch geistigen Expressionismus, deren Väter Theodor Däubler und Ernst Barlach waren.

Für Hausmeister, so Siedow, sei besonders die letztere Form der Meditation empfohlen – warum, wurde jedoch nicht recht klar. Erst als wir im Güstrower Dom um Barlachs schwebenden Engel herumstanden, leuchtete vielen Teilnehmern ein, warum es als Hausmeister sinnvoll ist, dergestalt den Überblick zu behalten.

Auf der Fahrt zum Güstrower Ökozentrum mit Wolf-Freigehege erzählte Kurt uns noch allerlei Persönliches – unter anderem aus dem Kanzleramt. Zum Beispiel habe sich Helmut Schmidt seinerzeit öfter abends in die Hausmeister-Loge gesetzt, wo auch seine Bodyguards saßen. Er beteiligte sich am Skatspiel und gab manchmal eine Runde Weinbrand aus. Als Kohl an die Macht kam, sei es mit der Gemütlichkeit schlagartig vorbei gewesen: Er habe sie behandelt wie ein Duodezfürst seine Kammerdiener. Hausmeister Kurt hielt das nicht lange aus und ging in Rente. Und dann erzählte er uns noch, dass Helmut Schmidt einmal zu DDR-Zeiten das Barlach-Museum besucht habe. Anschließend stand ein Stadtbummel durch Güstrow auf dem Programm. In der Zwischenzeit war dort jedoch der MfS-Offizier Josef Schwarz mit 1.000 Stasi-Leuten eingerückt. Während die Güstrower in ihren Wohnungen bleiben mussten, hätten die Stasi-Leute in Zivil vibrierendes Stadtleben vor den Kiosken, Gemüseständen und auf allen Plätzen simuliert.

Der westdeutsche SPD-Kanzler war begeistert. Und Josef Schwarz wurde zum General der Staatssicherheit befördert. Heute lebt er als Rentner in Erfurt und schreibt Bücher. Eines heißt sehr schön: „Bis zum bitteren Ende“.

Der nächste Referent, Guntram Bräumer, war früher im SDS, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund. Jetzt ist er Facility-Manager in einem Frankfurter Bankhochhaus. In seinem Vortrag wies er den Blockwart-Vorwurf zurück. Der moderne Haustechniker sei eher so etwas wie ein Pimpf, der jeden Tag mindestens eine gute Tat tut: Ventilator reparieren, Klo entstopfen, Türklinken erneuern: „Überall, wo man mal schnell was reparieren kann, erntet man Lob und Hudel.“ Dennoch gab auch Bräumer am Ende zu: „Nur als Kerkermeister hat ein Hauswart wirklich Schlüsselgewalt!“

Fragen an den Hilfshausmeister?kolumne@taz.de