die fleischbrötchenpartei
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von RALF SOTSCHECK

Endlich hat der britische Premierminister Tony Blair seine Partei dort, wo er sie schon immer haben wollte. Old Labour, New Labour – alles passé: McLabour heißt die neue Richtung. Die Burgerkette McDonald’s darf im Oktober zum 100. Labour-Parteitag in Brighton ein Gala-Essen für 450 geladene Gäste ausrichten, an dem Blair am Vorabend seiner Parteitagsrede teilnehmen wird. Das US-Spezialitätenrestaurant lässt sich die Sache 15.000 Pfund Sterling kosten. Die Angestellten des Konzerns, die mit grotesken Stundenlöhnen abgespeist werden, nehmen das vermutlich mit Interesse auf.

Die Liaison zwischen Blair und McDonald’s ist ja nicht überraschend, beide verfolgen ähnliche Taktiken. Die Fleischbrötchenmonteure verkaufen den Völkern der Welt mit großem Werbeaufwand nährstofffreie, schnell verdauliche, aufwendig verpackte und elastische Ware. Blair macht genau dasselbe auf dem politischen Sektor. Ein McDonald’s-Filmteam wird den historischen Bund festhalten und im Interesse beider Seiten vermarkten. Es ist nur eine Frage der Zeit: Wenn man demnächst in Manchester oder Glasgow einen McLabourburger vertilgt, wird der Premier wohlwollend von der Videowand lächeln.

McDonald’s soll nicht der einzige Konzern sein, der die Labour-Kassen füllt. Die Partei buhlt um weitere Sponsoren aus dem zwielichtigen Milieu. Es gebe mindestens 30 Gelegenheiten, den Parteitag zu sponsern, heißt es in einer Broschüre, die an große Firmen verteilt wurde. Eine Preisliste hat man gleich beigefügt: „Ein positives Profil durch die Werbung am Stand des Nationalen Gesundheitsdienstes?“ Das ist für 5.000 Pfund zu haben. Die Blumengebinde für den Parteitag darf man schon für 3.500 Pfund arrangieren. Mehr als das Doppelte muss man berappen, wenn man die Erholungszone für Delegierte mit seinem Firmenlogo spicken will.

Selbstverständlich sind nicht alle froh über Labours Anbiederung beim früheren Feind. Der Abgeordnete John McDonnell, der trotz der Vorsilbe seines Namens gegen schnelles Futter und schnelle Politik ist, sagt: „Wie tief können wir sinken? Es dreht mir den Magen um.“ Es ist nicht klar, ob er sich wegen des populären Hackfleischfraßes oder wegen der verhackstückten Populärpolitik übergeben muss.

Bereits 1998 hatte Blair versucht, der Umwandlung von Labour in eine Supermarktpartei auch äußerlichen Ausdruck zu verleihen. Die Parteitagspässe, die sich jeder Delegierte um den Hals hängen muss, waren an einer Kette befestigt, die das Logo der Supermarktkette Somerfield trug. Die Konkurrenz von Co-op, eng mit der Labour-Bewegung verbunden, ruinierte die Pläne: An ihrem Stand konnten Delegierte die Somerfield-Ketten gegen neutrale Exemplare austauschen.

Diesmal wird es schwieriger. Ursprünglich hatte McDonald’s verlangt, dass Blair das Firmenhütchen mit dem großen „M“ bei seinem Auftritt auf dem Gala-Dinner trägt, aber das lehnte der Premier ab. Warum eigentlich? McBlair hat die ehemalige Arbeiterpartei inzwischen erfolgreich auf eine Fast-Food-Politik getrimmt.